Integrationszentrum Wuppertal: Die Sprache ist der Schlüssel

Siegmar Schnabel vom Integrationszentrum Wuppertal vermittelt Kinder von Zuwanderern an deutsche Schulen.

Integrationszentrum Wuppertal: Die Sprache ist der Schlüssel
Foto: Uwe Schinkel

Wuppertal. Alle Kinder in Deutschland sind schulpflichtig, auch Zuwandererkinder. Die regionalen Integrationszentren helfen dabei, zugewanderte Kinder an Schulen zu vermitteln. Wir sprachen mit Siegmar Schnabel, stellvertretender Leiter des Integrationszentrums Wuppertal, über die Situation in der Stadt.

Herr Schnabel, wie ist die Lage für Zuwandererkinder an Schulen zurzeit in Wuppertal?

Siegmar Schnabel: Wir haben nur noch wenige freie Plätze in den Sprachförderklassen. Wenn die Einwanderungszahlen bleiben, wie in der Vergangenheit, werden wir mit den Plätzen nicht auskommen. Seit drei Jahren steigt die Zahl der Zuwanderer — insbesondere in großen Städten — stark an. Das wird sich in den kommenden Jahren nicht ändern.

Woher kommen die Menschen nach Wuppertal?

Schnabel: Zum Beispiel aus Ländern der EU. Die meisten Kinder in den Klassen stammen aus Polen und Griechenland. Im vergangenen halben Jahr sind auch viele Familien aus Italien nach Wuppertal gekommen. Ich spreche aber nicht von „Armutsflüchtlingen“, sondern von Menschen, die das Recht haben, hierherzukommen und die eine neue Arbeit suchen — übrigens aus unterschiedlichen sozialen Schichten. Darüber hinaus kommt eine größere Anzahl aus Mazedonien, Serbien, Bulgarien und Rumänien.

Sind die Schulen der Stadt für mehr Zuwanderer gewappnet?

Schnabel: In Wuppertal hat es um die Jahreswende 2012/13 größere Probleme gegeben. Wir konnten 103 Schüler nicht vermitteln. Daraufhin wurden elf weitere Klassen eingerichtet. Aber die Schulen müssten noch mehr Stellen und Klassen bekommen, und es müssten Kollegen eingestellt werden, um in diesen Klassen zu unterrichten. Ohne personelle Ressourcen geht es nicht. Wir setzen in fast allen Sprachförderklassen für einige Stunden zusätzlich Lehramtsstudierende ein.

Gibt es nicht genug Stellen?

Schnabel: Schulen bekommen für die Einrichtung einer Förderklasse eine Lehrerstelle zugerechnet, wobei es natürlich nicht unbedingt so ist, dass Schulen auch direkt einen neuen Kollegen einstellen können.

Das Integrationszentrum vermittelt die Kinder an Schulen. Wie funktioniert das?

Schnabel: Die Familien kommen hierhin und wir unterhalten uns, teilweise mit Dolmetschern. Wir fragen dann, welche Schule die Kinder besucht haben, wir schauen uns Zeugnisse an. Wir testen das Wissen der Kinder — und überlegen, welche Schulform geeignet ist.

Haben Sie Förderklassen an allen Schulformen?

Schnabel: Wuppertal ist in der glücklichen Lage, dass an allen Schulformen Sprachförderklassen eingerichtet sind. In einer Reihe anderer Städte gibt es diese in der Sekundarstufe I nur an Hauptschulen, vor allem in kleineren Gemeinden. Aber auch in Wuppertal gibt es zehn Förderklassen an Hauptschulen.

Wie werden die Kinder in die normalen Klassen integriert?

Schnabel: Die meisten Schüler sprechen noch kein Deutsch. Sie besuchen zunächst die Sprachförderklasse und werden sukzessive in den Unterricht einer Regelklasse integriert. Zunächst nehmen sie am Sport-, Musik- oder Kunstunterricht der „normalen“ Klassen teil, bevor dann weitere Fächer folgen.

Wie ist der Bildungsstand der Kinder?

Schnabel: Insgesamt handelt es sich um eine sehr differenzierte Gruppe. Mir ist es schon passiert, dass ich einem Jungen eine Funktion aufgeschrieben habe, er sollte die Nullstellen berechnen. Der hat dann mathematisch hergeleitet, dass gar keine Nullstelle existiert. Sie können sich sicher vorstellen, welche Schule der Junge anschließend besucht hat. Es gibt eine Reihe von Erfolgsgeschichten. Ich will aber auch Probleme nicht negieren.

Was sind das für Probleme?

Schnabel: Wir hatten auch Kinder hier, die konnten keinen Stift in der Hand halten. Es ist schon eine Herausforderung, Kinder, die schulisch nicht sozialisiert sind, zu unterrichten. An zwei Hauptschulen gibt es Klassen für diese nicht alphabetisierten Schüler. Aber auch ältere Schüler mit guten Bildungsvoraussetzungen haben es schwer. Sie müssen in kurzer Zeit ein sehr hohes Sprachniveau erreichen, in einer Lebensphase, in der man üblicherweise auch sein soziales Umfeld erweitern und erkunden möchte.

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