Initiativkreis Ruhrgebiet: Flughafen aus der Mottenkiste

Die Forderung nach einem neuen Mega-Airport ist unrealistisch. Besser wäre eine Zusammenarbeit Düsseldorf-Köln.

Essen. Die Forderung nach einem Großflughafen für das Ruhrgebiet, die der Initiativkreis Ruhrgebiet jetzt mit viel Pomp in Essen präsentierte, erscheint auf den ersten Blick ansprechend. Und auch das als möglicher Standort dafür genannte Braunkohle-Abbaugebiet Garzweiler hat zunächst durchaus Argumente für sich: Die dort schon jetzt theoretisch zur Verfügung stehende Fläche von mehr als 6600 Hektar ist riesig (der weltgrößte Flughafen in Chicago hat 2800 Hektar), und die potenziell unter Lärmbelastungen leidende Bevölkerung ist dort nur dünn angesiedelt.

Unterm Strich allerdings stammt der Vorschlag des Initiativkreises Ruhrgebiet aus der Mottenkiste - und wurde von Experten schon vor Jahren dort auch wieder beerdigt. Ursprünglich stammt die Idee vom Düsseldorfer Werbe-Fachmann Thomas Rempen aus dem Jahr 2003. Sie löste - wie auch heute wieder - ein großes Medienecho aus.

NRW-Verkehrsminister Oliver Wittke (CDU) wollte sich daher gestern gegenüber unserer Zeitung zu dem Thema nur sehr zurückhaltend und vage äußern: "Wir sind im Luftverkehr in NRW gut aufgestellt, das sieht man auch an der positiven Entwicklung der Flughäfen von Düsseldorf und Köln. Bei der natürlich notwendigen Weiterentwicklung der Verkehrsinfrastruktur denken wir über alles nach und diskutieren über verschiedene Alternativen."

Vermutlich wollte Wittke mit dieser zurückhaltenden Äußerung seinem Ministerpräsidenten und Parteifreund Jürgen Rüttgers nicht vorgreifen, der sich bei der Essener Veranstaltung "sehr skeptisch" gegenüber den Forderungen nach einem neuen Großflughafen zeigte. Aus Wittkes Umfeld wird nämlich der interne Ausspruch kolportiert: "Wir planen hier den Luftverkehr mit Luftverkehrs-Fachleuten und nicht mit Werbe-Fachleuten."

Und genau diese Luftverkehrsexperten sehen weder am Standort Garzweiler noch an irgendeinem anderen Standort in NRW den Bedarf für einen neuen Mega-Airport. Beim potenziellen Standort Garzweiler käme nämlich noch ein Problem mit internationalen Auswirkungen hinzu: Für den Start- und Landebetrieb wären wegen der großen Nähe zu Belgien und den Niederlanden auch die Lufträume der beiden Nationen betroffen.

Selbst wenn man etwa dem Düsseldorfer Flughafen-Chef Christoph Blume egoistische Motive unterstellt - seine Argumente sind nicht von der Hand zu weisen. "Der Airport fürs Ruhrgebiet heißt Düsseldorf. Vom Essener Rathaus bin ich in 20 Minuten bei uns." Und ab Düsseldorf gibt es eine Vielzahl von Europa-Verbindungen sowie immer mehr Interkontinental-Anbindungen nach Amerika und Asien.

Ein Großflughafen auf dem Garzweiler-Gelände würde vom Ruhrgebiet aus Anfahrtzeiten von deutlich über einer Stunde bedeuten - wie am deswegen bei vielen Geschäftsreisenden höchst unbeliebten Flughafen in München. Das Problem der weiten Anfahrtswege gilt im übrigen auch für einen potenziellen Standort im östlichen Westfalen.

Statt einen neuen Großflughafen zu bauen, wäre es nach Ansicht vieler Experten günstiger und effektiver, die Zusammenarbeit zwischen den Großflughäfen Düsseldorf und Köln zu intensivieren und beide durch eine schnelle und direkte Schienenverbindung anzubinden. Darin könnte dann auch der Mönchengladbacher Fughafen integriert werden - als Business-Flughafen für kleinere Jets. Dadurch könnten am Düsseldorfer Airport über 10000 Slots frei werden - mehr als genug für ein internationales Drehkreuz.

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