NRW Immer mehr Moscheevereine in NRW unter Beobachtung

Sprunghafter Anstieg, aber keine Verbote. „Radikalisierung im Hinterzimmer“.

Innenminister Reul machte am Donnerstag wiederholt klar, dass es für Verbote derzeit keine ausreichende Rechtssicherheit gebe.

Innenminister Reul machte am Donnerstag wiederholt klar, dass es für Verbote derzeit keine ausreichende Rechtssicherheit gebe.

Foto: Lisa Ducret

Düsseldorf. Die Zahl der Moscheevereine in Nordrhein-Westfalen, die vom Verfassungsschutz wegen ihrer salafistischen Bezüge beobachtet werden, steigt rapide an. Waren es bei einer quartalsweisen Erhebung vor rund einem Monat noch rund 60 Vereine in NRW, gebe es inzwischen 73 Moschee-Vereine, Tendenz steigend. 24 dieser Vereine befänden sich im Ruhrgebiet. Das brachte am Donnerstag die Sitzung des Innenausschuss im NRW-Landtag hervor.

Zudem warnte mit Uwe Reichel-Offermann der leitende Ministerialrat im Innenministerium vor einer neuen Gefahr: „Die Entwicklung der Radikalisierung geht in die Hinterzimmer, weil die Betroffenen inzwischen gewarnt sind und vorsichtiger agieren“, sagte Reichel-Offermann und beklagte, dass es für den Verfassungsschutz in NRW naturgemäß nicht leichter würde, wenn die Prediger „raus aus den institutionellen Räumen gehen und in neue Einrichtungen dringen, die wir noch nicht auf dem Plan haben“. Die salafistische Szene bleibe ein Bearbeitungsschwerpunkt des Verfassungsschutzes in NRW. „Das muss auch so sein“, sagte Reichel-Offermann.

Weil in der Amtszeit von Innenminister Herbert Reul (CDU) noch kein einziger Moschee-Verein verboten worden sei, kritisierte die Opposition den Innenminister Donnerstag für seine vermeintliche Untätigkeit. Ein Verbot habe es bislang nicht gegeben, sagte Reul, weil es keine ausreichenden Erkenntnisse für ein neues Verbot gegeben habe. „Wenn es das gäbe, wird gehandelt. Davon können sie ausgehen. Punkt“, sagte Reul im Innenausschuss.

In den „Aachener Nachrichten“ vom 10. Juni, als er zum Fall des islamistischen Berlin-Attentäters Anis Amri sagte: „Tatsächlich sei er (Amri) durch salafistische Moscheen im Ruhrgebiet gepilgert. Die hätte man auch schließen können.“ Reul machte daraufhin wiederholt klar, dass es für Verbote derzeit keine ausreichende Rechtssicherheit gebe.

Als Beispiel nannte Reichel-Offermann den Verein „We love Muhammad“, bei dem nach der erzwungenen und auch auf Betreiben des NRW-Verfassungsschutzes gelungenen bundesweiten Auflösung von „Die wahre Religion“ (die mit ihrer Koran-Verteilungsaktion „Lies!“ für Aufsehen gesorgt hatte) noch keine vergleichbaren Aktivitäten zu verzeichnen seien, die ein Verbot rechtfertigten. Nach Erkenntnissen deutscher Sicherheitsbehörden waren mindestens 140 Menschen nach der Teilnahme an „Lies!“-Aktionen nach Syrien oder in den Irak gegangen, um den sogenannten Islamischen Staat oder andere Terrororganisationen zu unterstützen. Laut Verfassungsschutzbericht gibt es in NRW rund 2900 bekannte extremistische Salafisten, davon 2200 eher politisch und 700 eher gewaltorientiert.

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