NRW Kriminalität: Im Winter auf Beutezug entlang der Autobahnen

Nachts werden auf den Raststätten Lkw-Planen in Serie aufgeschlitzt. Das LKA registriert steigende Fallzahlen.

Symbolbild.

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Foto: Dieter Staniek

Düsseldorf. Mittwochfrüh um 2 Uhr auf der Autobahnraststätte Königsforst an der Autobahn 3 bei Rösrath: Einer Streifenwagenbesatzung fällt ein Mann auf, der sich an einer Lkw-Plane zu schaffen macht. Doch obwohl die Beamten sofort die Verfolgung aufnehmen, gelingt dem Verdächtigen zusammen mit einem zweiten Komplizen zu Fuß die Flucht in das benachbarte Industriegebiet. Zurück bleibt ein Pkw mit polnischem Kennzeichen.

Von ihm erhoffen sich die Ermittler der Kreispolizeibehörde Bergisch Gladbach jetzt wichtige Spuren. Denn das Aufschlitzen von Lkw-Planen und der Diebstahl der Fracht während der Ruhezeit in der Nacht ist insbesondere im Rheinisch-Bergischen Kreis ein Problem. Für Sprecher Richard Barz kein Wunder: „Die A 3 ist eine der Hauptdurchgangsrouten.“ Die spektakulärsten Fälle: Im Januar wurden an der Rastanlage Königsforst aus einem türkischen Sattelauflieger 60 Fernseher gestohlen. Und Ende November räumten unbekannte Täter an gleicher Stelle gleich einen ganzen Anhänger mit 164 Fernsehern leer.

Inzwischen ist auch das Landeskriminalamt (LKA) auf die Masche aufmerksam geworden und hat sich die Mühe gemacht, die eigentlich nicht gesondert aufgeführten Fälle aus der Statistik der örtlichen Polizeibehörden herauszufiltern. Ergebnis laut Sprecherin Heidi Conzen: Bisher rund 690 Fällen in diesem Jahr stehen knapp 570 im gesamten vergangenen Jahr gegenüber. Im LKA geht man von einem bandenähnlichen Organisationsgrad der Täter aus.

„Der Abtransport der Beute erfordert schon eine gewisse logistische Vorbereitung.“ 30 Fälle wurden in Bergisch Gladbach allein im Februar dieses Jahres registriert. Und seit Anfang Oktober bis jetzt sind es wieder 37 Fälle. Dazwischen war meist Ruhe. „Im Sommer sinken die Fallzahlen gegen null, weil es dann zu lange hell ist“, sagt Barz. Aber im Winter kehren die Täter zurück — mit steigender Tendenz. Eine Woche nach dem Diebstahl der 164 Fernseher waren in einer Nacht wieder 14 Lkws aufgeschlitzt — diesmal ohne Beute.

Auch die Raststätte Siegburg im Rhein-Sieg-Kreis verzeichnet einen Anstieg der Fallzahlen: von sieben in 2015 auf bisher 64 in diesem Jahr. „Allerdings waren darunter allein 40 aufgeschlitzte Lkw-Planen in einer einzigen Nacht im Oktober“, schränkt Polizeisprecher Stefan Birk ein. Oft sagt den Tätern beim Blick in den Anhänger die Fracht nicht zu oder sie ist nicht zu transportieren. Aber wenn abgeräumt wird, geht der Schaden schnell in den fünfstelligen Bereich.

„Das Aufschlitzen und Nachschauen passiert ständig“, klagt der Wuppertaler Spediteur Guido Fenner. Seine Fahrer meiden daher inzwischen besonders berüchtigte Raststätten wie Michendorf in Brandenburg vor den Toren von Berlin. Auch Strecken durch Frankreich und England sind laut der Spedition Schenker für die Masche bekannt. Aber Sicherheit gibt es praktisch nirgendwo: Im August wurde Fenner sogar ein Hänger auf dem eigenen Firmengelände leergeräumt. Die Beute der unbekannten Täter: 13 Paletten mit Parfümflaschen.

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