Angestellte versus Beamte Im Lehrerzimmer gibt es eine Zwei-Klassen-Gesellschaft

Verband kämpft für tarifliche Gleichstellung der schlechter bezahlten angestellten Pädagogen mit den beamteten Kollegen.

Die Schutzgemeinschaft angestellter Lehrer beklagt die schlechtere Bezahlung im Vergleich mit den beamteten Lehrern. (Symbolbild)

Die Schutzgemeinschaft angestellter Lehrer beklagt die schlechtere Bezahlung im Vergleich mit den beamteten Lehrern. (Symbolbild)

Foto: dpa

Düsseldorf. Ralf Heinrich klingt verbittert. Der Chef der Schutzgemeinschaft angestellter Lehrer (SchaLL) sagt: „Verbeamtete und angestellte Lehrkräfte üben die gleiche Arbeit aus, haben die gleiche Ausbildung und sind der gleichen Belastung ausgesetzt.“ Und doch würden sie höchst unterschiedlich bezahlt.

So habe ein angestellter Lehrer im Durchschnitt monatlich 500 Euro netto weniger zur Verfügung als sein beamteter Kollege. In einem Berufsleben ergebe sich so eine Differenz von 180 000 Euro. Im Rentenalter pflanze sich die Ungerechtigkeit fort. Heinrich: „Wer sein Rentenalter erlebt, hat monatlich bis zu 1000 Euro Altersbezüge weniger als ein Beamter mit seiner Pension.“

Die Forderung des Verbands, der gegen die „Zwei-Klassen-Gesellschaft in den Lehrerzimmern“ kämpft: Gleichstellung im aktiven Berufsleben und im Rentenalter.

Dass es das bislang nicht gibt, liege in der Verantwortung der Gewerkschaften, die sich in Tarifverhandlungen nur auf prozentuale Erhöhungen der Bezüge konzentrierten. Gebe es eine Erhöhung von 100 Euro brutto, so bedeute dies für den Tarifbeschäftigten ein Plus von etwa 50 Euro netto, dem Beamten aber verblieben netto 75 Euro. So vergrößere sich der Abstand zwischen Tarifbeschäftigten und Beamten immer weiter.

SchaLL-Vizevorsitzender Rainer Lummer sagt es so: „Die Tarifbeschäftigten sitzen in der Holzklasse und die Beamten in der Businessklasse.“ Sein Vorstandskollege Stefan Nierfeld betont, dass die Sache auch den verbeamteten Kollegen peinlich sei. Wenn man sie darauf anspreche, sei eine „verdruckste Betroffenheit“ zu spüren. Und bei den angestellten Lehrern gebe es Frustration und innere Emigration.

Lummer sieht neben den Gewerkschaften noch einen anderen in der Pflicht. Die Lohndiskriminierung geschehe mit dem Segen des öffentlichen Arbeitgebers. Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) komme ihrer Fürsorgepflicht gegenüber 40 000 angestellten Lehrerinnen und Lehrern nicht nach.

Der Verband fordert daher einen Gleichstellungs-Tarifvertrag: die Übertragung der Beamtenbesoldung inklusive Altersversorgung auf alle tarifbeschäftigten Lehrer.

Doch die von SchaLL vorgerechneten Zahlen zeigen nicht nur die beklagte Gerechtigkeitslücke auf. Sie machen spiegelbildlich auch die Kosten deutlich, die eine Gleichstellung für die öffentliche Hand bedeuten würde. 500 Euro Lohnverzicht seien für jeden einzelnen Betroffenen in 30 Dienstjahren ein „Sonderopfer“ von 180 000 Euro. Bei 40 000 angestellten Lehrern in NRW summiere sich der Netto-Lohnverlust auf 7,2 Milliarden Euro.

Geld, das das Land spare. Oder umgekehrt: Geld, dass das Land zusätzlich in die Hand nehmen müsste. Hinzu käme noch der Ausgleich bei der Altersversorgung — ebenfalls in Milliardenhöhe. Schwindelerregende Summen, die das Nichttätigwerden staatlicherseits erklären, die Last aber bei den einzelnen Betroffenen belassen.

Aus deren Sicht mag es zynisch wirken, dass nun die Ministerin angesichts der Personalknappheit Lehrer im Ruhestand reaktivieren will. So schrieb denn auch ein angestellter Gesamtschullehrer in einer Mail an unsere Redaktion: „Gerade die angestellten Lehrer werden die Chance nutzen, ihre Rente durch eine verlängerte Dienstzeit zu erhöhen. Auch ich werde noch einige Zeit der Schule erhalten bleiben, so gerne ich dieser auch entkommen möchte.“

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