Ein höheres Niveau

Dreieinhalb Monate vor der NRW-Landtagswahl nimmt die politische Auseinandersetzung Fahrt auf. Die Landtagsdebatte vom Donnerstag hat deutlicher als zuvor gezeigt, dass Jürgen Rüttgers zusammen mit der FDP ein ganz bestimmtes Modell zur Abstimmung stellt.

Und dass die SPD zusammen mit den Grünen mit eigenen Entwürfen dagegenhält.

Rüttgers steht für einen fürsorglichen, aber schlanken Staat, der die Zuständigkeit des Landes für viele bisher staatlich regulierte Bereiche für überflüssig hält. Seine Vorschläge zur Nachbesserung bei Hartz IV begründet er häufig mit seinen Wurzeln in der katholischen Soziallehre. Damit hat er bislang in den Umfragen Erfolg, selbst unter den Arbeitern kommt er auf bessere Werte als SPD-Frau Hannelore Kraft. Doch die Turbulenzen in Berlin haben bei ihm Spuren hinterlassen: Die Steuererleichterungen für die Hoteliers hat er zwar bei der Unterzeichnung des Koalitionsvertrags mitgetragen, sie gehen ihm aber gegen den Strich. Denn das passt nicht in das Bild vom Arbeiterführer.

Kraft hat am Donnerstag die vielleicht beste Rede in ihrer Zeit als SPD-Spitzenfrau gehalten. Sie hat Rüttgers eine eigene Vision von der künftigen Gesellschaft entgegengestellt. Dabei hat sie den Menschen in den Mittelpunkt gerückt und die Legitimität des Staates mit der Frage verknüpft, inwieweit er in der Lage ist, Bedürftigen zu helfen und Chancengerechtigkeit herzustellen. Das ging weitaus tiefer als ihre sonst üblichen Abrechnungen mit Schwarz-Gelb. Ob sie notfalls auch mit der in NRW radikalen Linkspartei koalieren würde, ließ sie aber erneut offen.

Die Auseinandersetzung um die Macht in NRW hat gleichwohl das höhere Niveau erreicht, das sie verdient. Ein vielfach schon als langweilig angekündigter Wahlkampf könnte spannend werden - dem Wähler soll es recht sein.

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