Die inklusive Schule — ein Pro und Contra

Was bringt der gemeinsame Unterricht von Behinderten und Nicht-Behinderten?

Düsseldorf. Behinderte und nicht-behinderte Kinder sollen künftig gemeinsam zur Schule gehen, vielleicht sogar dieselbe Klasse besuchen. So sieht es das Prinzip der Inklusion vor, das die rot-grüne Landesregierung auf den Weg bringen will. Die Einführung eines inklusiven Schulsystems ist jedoch umstritten.

Jochen-Peter Wirths, Vorsitzender des Landesverbandes der Eltern und Förderer sprachbehinderter Kinder und Jugendlicher, fürchtet, dass behinderte Kinder eine schlechtere Förderung erhalten, „weil an inklusiven Regelschulen weniger qualifiziertes Personal zur Verfügung stehen wird als an den Förderschulen“. Er glaubt, dass hinter der Idee vor allem finanzielle Gründe stehen. „Unsere Förderschulen sind ein funktionierendes System, warum sollte man daran etwas ändern?“ Bei älteren Kindern etwa mit Sprachproblemen sei auch die Gefahr der Ausgrenzung groß.

Dass Kinder grausam sein können, weiß auch Henk van Amerongen, Lehrer an der Eisenhoit-Förderschule in Warburg mit dem Schwerpunkt „Lernen“. „Manche Schüler, die von einer Regelschule zu uns wechseln, atmen regelrecht auf, weil sie nicht mehr gehänselt werden“, weiß er. „Es wird immer Schüler geben, die Rückzugsräume brauchen und nicht in eine Klassengemeinschaft integriert werden können.“

„Wir stehen voll zur Inklusion“, sagt Christophe Göller vom Landschaftsverband Rheinland (LVR) — obwohl der LVR als Träger mehrerer Förderschulen durchaus von deren Sinn und Zweck überzeugt ist.

Noch sei es häufig so, dass es im wohnort-nahen Umfeld keine Regelschule gebe, die bereit sei, behinderte Kinder aufzunehmen, so dass oft nur die Förderschule bleibe. Dieses Problem wäre mit der Inklusion erledigt. „Wir sprechen den Eltern die größtmögliche Entscheidungsfähigkeit zu, ob ihr Kind eine Regel- oder Förderschule besuchen soll“, sagt Göller.

Für Martin Rawe, Vater einer Tochter mit Downsyndrom, steht außer Frage, dass sein Kind gemeinsam mit nicht-behinderten Kindern unterrichtet werden soll. Wer die Förderschulen als geschützten Raum für förderbedürftige Kinder sieht, den fragt Rawe, was mit der Zeit nach der Schule sei. Auch darauf müssten beide Seiten vorbereitet werden.

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