Analyse: Frauen sind häufig die letzte Rettung

Gibt es eine weibliche Politik? In der Wahrnehmung ist sie vielfach mit Klischees belastet.

Düsseldorf. Hannelore Kraft hat eine Maxime: "Frauen machen andersPolitik - nicht besser oder schlechter." Mit diesen Worten wird die49-Jährige zitiert, und mit dieser anderen Art der Politik will dieerste Regierungschefin in NRW die Geschicke des Landes lenken.

Nun gehtKraft mit ihrer Stellvertreterin Sylvia Löhrmann das Wagnis einerrot-grünen Minderheitsregierung ein. Skeptisch beäugt von derpolitischen Kaste, in der sich vorwiegend Machtmänner wiederfinden.

Seinen Spitznamen hat das Duo bereits weg: Die "Süddeutsche Zeitung"sprach am Mittwoch durchaus wohlwollend von einer"Hanni-und-Nanni-Regierung", angelehnt an die zwei jungenProtagonistinnen in den Jugendromanen von Enid Blyton.

Doch gibt es eine weibliche Politik? Selbst Frauen bedienen sich beider Beantwortung dieser Frage gerne Klischees. Frauen seien nicht soeitel wie Männer, erklärte Heide Simonis (SPD), ehemalsMinisterpräsidentin von Schleswig-Holstein, einmal in einem Interview."Frauen hören in der Regel besser zu. Frauen haben ein Netzwerk, keineSeilschaft. Sie tauschen sich auf gleicher Ebene aus. Das macht denUmgang freundlicher und sehr entspannt."

Ähnlich argumentiertGrünen-Chefin Renate Künast: "Frauen vertun weniger Zeit mitHahnenkämpfen und sind weniger laut, dafür oft beharrlicher." Genausogeräuschlos also, wie Kraft und Löhrmann ihre Koalition auf den Weggebracht haben.

Spitzenpolitikerinnen haben oft mit Vorurteilen zu kämpfen. WennFrauen etwa den Kompromiss suchen, gelten sie schnell als zögerlich.Bei Männern wird diese Eigenschaft als politische Begabung ausgelegt.Wird eine Frau ausfallend, ist sie hysterisch - ein Mann indesdurchsetzungsstark. In der Öffentlichkeit wird dem optischen Auftrittvon Politikerinnen meist mehr Beachtung geschenkt als ihren Aussagen.

Häufig sind Frauen aber die letzte Rettung. "In der Politik kommenFrauen fast immer aus Krisen heraus in Machtpositionen", sagt derBerliner Politikwissenschaftler Tobias Dürr. Das galt für KanzlerinAngela Merkel, als sie die CDU aus dem Spendensumpf führte. Und dasgilt für Hannelore Kraft, die an die Spitze der NRW-SPD gelangte, alsdie Genossen 2005 nach der verlorenen Wahl im Tal der Tränen steckten.Der venezolanische Staatschef Hugo Chavez - ein ausgewiesener Macho -hat es einmal auf den Punkt gebracht: Frauen werden die Welt retten.

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