Der Anschlag von Berlin Amri-Gutachter: Keine Fehler bei den NRW-Behörden

Sonderermittler Bernhard Kretschmer spricht Jäger und Co. auf ganzer Linie frei — und verteidigt seine eigene Unabhängigkeit.

Der Anschlag von Berlin: Amri-Gutachter: Keine Fehler bei den NRW-Behörden
Foto: dpa

Düsseldorf. Der von der Landesregierung beauftragte Sonderermittler im Fall Anis Amri , der Gießener Strafrechtsprofessor Bernhard Kretschmer, sieht keine Versäumnisse von NRW-Behörden. Er präsentierte seine Ergebnisse am Montag in Düsseldorf. Kritik von der Opposition gab es nicht nur an den Interpretationen Kretschmers, sondern auch an seiner angeblich fehlenden Unabhängigkeit: Die Landesregierung wird bald sein Dienstherr sein. Innerhalb von nur zwei Monaten sollte Kretschmer feststellen, ob in NRW im Vorfeld alles getan worden war, was den Terroranschlag des Tunesiers Amri am 19. Dezember auf dem Berliner Weihnachtsmarkt hätte verhindern können. Ob man ihn etwa für die zahlreichen Delikte, derer man ihn verdächtigte, in Haft hätte bringen können. „Da ist nichts, womit man ihn strafrechtlich hätte fassen können“, erklärte der Professor dazu. „Ich wüsste nicht, was ein Landeskriminalamt mehr hätte machen können.“ Auch das Asylverfahren und die Beschaffung von Passersatzpapieren aus Tunesien, die für eine Abschiebung notwendig sind, seien „durchaus zügig“ verfolgt worden: „Man hat sich wirklich bemüht.“

Nachdem bereits LKA-Direktor Uwe Jacob am vergangenen Freitag im Amri-Untersuchungsausschuss die Bemühungen um einen Haftbefehl gegen den Gefährder in NRW betont hatte, sieht auch Kretschmer den Grund für die eher schwache Einstufung Amris beim Gemeinsamen Terrorabwehrzentrum (GTAZ) anderswo: „Nordrhein—Westfalen hat es ernster genommen als andere Länder oder die Bundesbehörden.“ In Berlin etwa habe man zuletzt eher ein Abgleiten Amris in die Drogenkriminalität und weniger Kontakte zur salafistischen Szene quittiert. Und Kretschmer betonte: „Die Polizei NRW hat keinerlei Befugnisse in Berlin.“ Mit einer offenen Fehleranalyse habe man nicht gerechnet, sagte Daniel Sieveke (CDU) nach der Präsentation des Gutachtens: „Aber dass die Reinwaschung so plump ausfällt, verwundert dann doch.“ Auch FDP-Fraktionsvize Joachim Stamp sprach von einem „Gefallen“, den der Sonderermittler der Landesregierung getan habe. Kretschmer indes verneint, dass sein bevorstehender Wechsel an die Uni Bielefeld und somit nach NRW Einfluss auf seine Bewertung gehabt habe: „Selbstverständlich habe ich unabhängig gearbeitet.“ Die Höhe seines von der Regierung bezahlten Honorars unterliegt übrigens der Geheimhaltung. „Die tatsächliche Aufklärungsarbeit muss jetzt im Untersuchungsausschuss geleistet werden“, so FDP-Mann Stamp. Er erneuerte daher seine Kritik daran, dass in dieser Woche mit Bundesinnenminister Thomas de Maizière, NRW-Innenminister Ralf Jäger und Ministerpräsidentin Hannelore Kraft nur „Polit-Promi-Zeugen“ geladen seien.

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