Montenegro bleibt Djukanovic-Land

Podgorica/Belgrad (dpa) - Seit mehr als zwei Jahrzehnten ist Milo Djukanovic der starke Mann Montenegros. Jetzt ist er zum siebten Mal Regierungschef des EU-Beitrittskandidaten.

Das Parlament wählte den 50-Jährigen am späten Dienstagabend an die Spitze seines neuen Kabinetts. Diesmal kann Djukanovic schalten und walten wie fast nie zuvor: Die Opposition ist tief zerstritten und die USA haben ihm erst vor wenigen Tagen mit ihrem Vertrauen einen Blankoscheck ausgestellt.

Trotz immer stärkerer Bedenken von EU-Ländern gegen den starken Mann des kleinen Adrialandes steht Milo Djukanovic so mächtig wie nie da. Sein Bruder Aco besitzt die Erste Bank, die wiederholt mit Staatsgeldern gerettet wurde. Seine Schwester Ana Kolarevic ist bevorzugte Anwältin im Land, ihr Name wird immer wieder mit Schmiergeldzahlungen rund um die Privatisierung der Telekom genannt.

In westlichen Hauptstädten wird mit Sorge beobachtet, dass im Land unbotmäßige Journalisten verprügelt oder ermordet wurden, kritische Zeitungen wie „Vijesti“ und „Dan“ mit Millionenklagen mundtot gemacht werden sollen und der Dachverband der Bürgerinitiativen Kontakte von Sicherheitsbehörden zur Organisierten Kriminalität anprangert. Auch dass Djukanovic den Ausverkauf der montenegrinischen Küste an dubiose russische Oligarchen zuließ, weckte in Brüssel Misstrauen.

In Italien beginnt im Frühjahr ein neuer Prozess gegen einstige Mitarbeiter von Djukanovic wegen großangelegten Zigarettenschmuggels in den 1990er Jahren mit zweistelligem Milliarden-Euro-Schaden. Djukanovic selbst ist jetzt durch seine Immunität als Regierungschef geschützt. Der einstige Djukanovic-Intimus Srecko Kestner wurde zwar im vergangenen Monat von Bosnien nach Deutschland ausgeliefert. Doch im Prozess vor dem Landgericht Hof fragten weder Anklage noch Richter nach Djukanovic, obwohl Kestner diesen vor Jahren als Drahtzieher des Schmuggels bezeichnet hatte.

Vor diesem Hintergrund rieben sich Djukanovic-Kritiker verwundert die Augen, dass die USA in der vergangenen Woche demonstrativer denn je dem Spitzenpolitiker ihr uneingeschränktes Vertrauen aussprachen. „Ich habe ihn oft getroffen und betrachte ihn als Freund“, sagte der für die Balkanländer zuständige US-Spitzendiplomat Philip Reeker: „Er versteht die ganze Region und wir freuen uns auf die Fortsetzung der intensiven Zusammenarbeit“.

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