Mittelschicht entdeckt die Privatschulen

Der Markt boomt. Doch nicht das Geld, sondern der Bildungsstand der Eltern entscheidet über die Schulwahl.

Düsseldorf. Eltern in Deutschland verlieren ihr Vertrauen in das staatliche Bildungssystem und strömen zu privaten Anbietern: Bundesweit gibt es nach aktuellen Zahlen 3000 Privatschulen, jede Woche kommt eine neue Einrichtung hinzu. Jeder neunte Oberschüler geht bereits auf ein Privatgymnasium.

Nun entkräftet eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) zudem das Vorurteil, dass Privatschulen Kaderschmieden für die Oberschicht sind. Danach entscheidet weniger der Geldbeutel, sondern vor allem der Bildungsstand der Eltern darüber, ob Kinder dem staatlichen System den Rücken kehren.

Von Eltern mit Abitur schicken mehr als zwölf Prozent ihre Kinder auf eine Ersatzschule. "Der Anteil von Privatschülern gemessen an allen Schülern, deren Eltern Abitur haben, ist in den vergangenen zehn Jahren um 77Prozent gestiegen", sagt Bildungsökonomin Katharina Spieß, Co-Autorin der Studie.

Bei Eltern mit Haupt- oder Realschulabschluss sieht das anders aus: Nur fünf Prozent ihrer Kinder gehen nicht auf staatliche Schulen. Gerade Hauptschüler bleiben damit im sozialen Ghetto. "Wir haben dadurch eine zunehmende Negativauslese in unserem Schulsystem, die so nicht gewollt ist", sagt Spieß.

Die DIW-Expertin fordert, dass öffentliche Schulen attraktiver werden. Was nicht so leicht ist, denn die Privaten buhlen mit mehrsprachigem Unterricht, kleineren Klassen, Gestaltungsfreiheiten und guter Ausstattung um die Kunden. Das hat je nach Schulart und Standort seinen Preis: Die Gebühren variieren in der Regel zwischen 50 und mehr als 1000Euro pro Monat. Eva Lingen, Geschäftsführerin des Verbandes Deutscher Privatschulen NRW, sieht darin kein Hindernis. Die Elternbeiträge in staatlich genehmigten Ersatzschulen lägen meistens "weit unter den üblichen Kindergartengebührensätzen".

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort