Merkels neue Wahlkampf-Töne

Die CDU leitet die heiße Phase bei einer Großveranstaltung in Düsseldorf mit viel Musik und Polemik gegen die SPD ein.

Düsseldorf. "Wir haben die Kraft", lautet der Slogan der CDU, den sie bei ihrem offiziellen Wahlkampfauftakt am Sonntag in Düsseldorf ins Zentrum rückte. Das sollte freilich nicht missverstanden werden.

Niemand hatte die Vorsitzende der nordrhein-westfälischen SPD, Hannelore Kraft, gekidnappt. Es ging den Christdemokraten schlicht darum, ihrer bislang eher kraftlosen Kampagne drei Wochen vor der Bundestagswahl etwas mehr Pep zu verleihen, um die eigenen Anhänger besser zu mobilisieren. Also wurde der Ton verschärft.

Doch bevor sich eine schier unübersichtliche Riege aus Unions-Ministern und -Ministerpräsidenten über die SPD hermachte, sollten Samba-Rasseln, Songs von Madonna und schließlich ein Auftritt der leibhaftigen Jennifer Rush die ansonsten etwas steife Atmosphäre auflockern. Fast wähnte man sich angesichts des knallig-bunten Showprogramms bei einer Wahlkampfveranstaltung von Barack Obama - nur leider ohne Obama.

Diesen Makel versuchten NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers und sein bayerischer Amtskollege, CSU-Chef Horst Seehofer, im Rede-Vorprogramm wettzumachen. Beide griffen frontal Boni-Banker und Turbo-Kapitalisten an und verbreiteten so Botschaften, die im Volk zurzeit gut ankommen.

Dann knöpften sie sich SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier vor. "Wo Steinmeier draufsteht, ist Lafontaine und Gysi drin", sagte Seehofer. Zuvor hatte schon Hessens Regierungschef Roland Koch gewarnt: "Man darf sich keine Illusionen machen. Die sind auf einem gemeinsamen Weg."

Auch Rüttgers ließ kein gutes Haar am Merkel-Herausforderer: "Steinmeier ist eine matte Kopie von Schröder. Der Mann ist Teflon, der hat keine Ideen." Mit Blick auf das Versprechen der SPD, im Bund keine Koalition mit der Linkspartei einzugehen, unterstellte Rüttgers den Sozialdemokraten, die Wähler zu betrügen.

Als Beispiel für Wahlbetrug nannte der NRW-CDU-Chef das "plötzliche" 100-Millionen-Haushaltsloch in Dortmund, das die dort in der Verantwortung stehende SPD noch am Tag vor der Kommunalwahl nicht gekannt haben wollte.

Derart angeheizt, bereiteten die rund 9000-CDU-Anhänger im ISS Dome der Kanzlerin schließlich den von der Parteiregie gewünschten Wir-haben-die-Kraft-Empfang. "10, 18, 24 Prozent", erinnerte Merkel an die jüngsten "Erfolge" der SPD bei den Landtagswahlen. "Wie bescheiden die Sozialdemokraten geworden sind." Dann fügte sie unter Jubel ihrer Fans hinzu: "Gönnen wir ihnen eine Pause. Sie können sich erholen. Und zwar in der Opposition."

Merkel warf der SPD in seltener Schärfe vor, eine "schwarz-gelbe Sockenkampagne" zu initiieren. Sozialdemokraten stünden "für Einheitsschule, Einheitsklassen, Einheitsmindestlohn - weil sie die Vielfalt nicht ertragen". Wie ihre Vorredner unterstellte die Kanzlerin auch ihrem Hoffentlich-bald-nicht-mehr-Koalitionspartner, Rot-Rot-Grün im Bund vorzubereiten.

Eines allerdings vermied sie: Ihren Vize-Kanzler und direkten Konkurrenten Steinmeier beim Namen zu nennen. Das hatte sie ihren Vorrednern überlassen. Solche direkten Angriffe würden ihr auch nicht stehen.

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