Merkel will die Binnennachfrage ankurbeln

Kanzlerin reagiert auf eingetrübte Aussichten. Schuldenstand erreicht Rekordhöhe.

Berlin. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) setzt angesichts der eingetrübten Wachstumsaussichten auf eine Stärkung des deutschen Binnenmarkts. Sie nannte am Donnerstag auch die Senkung von Steuern, wurde dabei aber nicht konkreter. Zuvor hatten die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute ihre Wachstumsprognose für das kommende Jahr halbiert.

Joachim Scheide vom Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) sagte: „Die Euro-Krise hat auch die Wirtschaft in Deutschland erfasst.“ Die konjunkturelle Expansion werde vorerst schwach bleiben und erst im Verlauf nächsten Jahres leicht anziehen. Für 2012 rechnen die Forscher mit 0,8 Prozent Zuwachs beim Bruttoinlandsprodukt und bleiben damit annähernd bei ihrer im April errechneten Prognose von 0,9 Prozent. Im vergangenen Jahr war die deutsche Wirtschaft noch um drei Prozent gewachsen.

Auf dem deutschen Arbeitsmarkt wird sich die Lage den Erwartungen zufolge vorerst kaum mehr verbessern. In diesem und im kommenden Jahr rechnen die Institute mit rund 2,9 Millionen Erwerbslosen und einer Quote von 6,8 Prozent. Die Inflationsrate sehen sie in diesem Jahr bei 2,0 Prozent und im kommenden Jahr bei 2,1 Prozent.

Im Mittelstand hat sich das Geschäftsklima im Herbst laut einer Umfrage der Kreditauskunftei Creditreform etwas abgekühlt. Demnach überwiegen weiter die Optimisten — aber ihr Anteil ist kleiner geworden. Nur noch knapp 16 Prozent der Firmen planen im kommenden halben Jahr, neue Mitarbeiter einzustellen. Fast acht Prozent wollen Stellen abbauen.

Derweil haben die öffentlichen Schulden einen neuen Höchststand erreicht. Bund, Länder, Gemeinden und ihre Extrahaushalte standen Ende des ersten Halbjahres 2012 insgesamt mit 2,082 Billionen Euro in der Kreide — das waren drei Prozent oder 61,3 Milliarden Euro mehr als zur gleichen Zeit des Vorjahres.

Sowohl der Bund als auch die Länder und die Gemeinden hatten Ende Juni 2012 mehr Schulden angehäuft als ein Jahr zuvor. Am stärksten legten die Länder (6,2 Prozent) zu. Grund war vor allem die Abwicklung der Düsseldorfer WestLB: Sie hat den Statistikern zufolge maßgeblich dazu beigetragen, dass die Schulden der Bundesländer auf 643,1 Milliarden Euro gestiegen sind.

Die Verschuldung der Gemeinden und Gemeindeverbände nahm im Vergleich zum Vorjahr um 3,7 Prozent zu und betrug 133 Milliarden. Insbesondere die Kommunen in Hessen und Nordrhein-Westfalen trugen dazu bei. dpa

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