Konzept für die EU ohne Großbritannien Merkel und Hollande: Zusammen kaufen, zusammen kämpfen

Deutschland und Frankreich schlagen den verbliebenen EU-Mitgliedern eine engere militärische Kooperation vor.

Merkel und Hollande wollen den EU-Mitgliedern am Freitag beim Gipfel in Bratislava ein Konzept vorlegen, wie die militärische Kooperation - ohne Großbritannien - verstärkt werden kann. (Archivfoto)

Merkel und Hollande wollen den EU-Mitgliedern am Freitag beim Gipfel in Bratislava ein Konzept vorlegen, wie die militärische Kooperation - ohne Großbritannien - verstärkt werden kann. (Archivfoto)

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Berlin/Paris. Der Brexit hat auch sein Gutes: Die Briten können nicht mehr blockieren. Und Europa muss seinen Bürgern beweisen, dass Zusammenarbeit etwas bringt. In der Verteidigungspolitik wirkt sich das jetzt aus. Deutschland und Frankreich legen den anderen 25 EU-Mitgliedern am Freitag beim Gipfel in Bratislava ein Konzept vor, wie die militärische Kooperation verstärkt werden kann, um gemeinsam schlagkräftiger zu werden.

Es ist ein heikles Terrain, denn kaum irgendwo ist nationaler Stolz so groß wie in Sachen Armee. Bisher hatte vor allem London eine tiefere militärische Zusammenarbeit stets blockiert. Dass etwa britische Sanitätsflugzeuge losfliegen, um Franzosen aus Mali zu evakuieren, war undenkbar. Auch die Osteuropäer verwiesen beim Wort Kooperation stets auf die Nato - viel mehr wollten sie nicht. Und Frankreich beharrte sowieso auf seiner Sonderrolle.

Das alles führte zu Doppelstrukturen mit hohen Kosten bei geringer Effektivität. Neben dem Brexit sorgten auch die gewachsenen Aufgaben wie die Flüchtlingskrise, der Terrorismus und die neuen Bedrohungen aus Russland für ein Umdenken. Die nationale Verteidigungshoheit wollen Ministerin Ursula von der Leyen (CDU) und ihr französischer Kollege Jean-Yves Le Drian in ihrem gemeinsamen Papier zwar immer noch nicht antasten. Der Text, der unserer Redaktion vorliegt, setzt auf Freiwilligkeit.

Allerdings sollen besonders kooperationswillige Staaten vorpreschen können. Zu den Instrumenten, die die beiden Minister vorschlagen, gehört ein ständiges gemeinsames Hauptquartier für militärische und zivile Operationen der EU. Auch soll ein europäisches Sanitätskommando gebildet werden. Die Satellitenüberwachung soll ebenfalls gemeinsam laufen, vor allem über den Meeren. Deutschland und Frankreich erklären sich bereit, dafür eigene Satellitenkapazitäten zur Verfügung zu stellen. Und für die Offiziers-Ausbildung soll es einen gemeinsamen Stabslehrgang geben.

Besonders strittig dürften die Vorschläge sein, die ins Geld gehen. So wollen Berlin und Paris die gemeinsame Finanzierung von EU-Einsätzen ausweiten, statt sie mehr oder weniger den an den Einsätzen teilnehmenden Staaten allein zu überlassen. Und alle EU-Staaten sollen sich verpflichten, 20 Prozent ihrer Wehretats für Investitionen vorzusehen. Deutschland liegt derzeit wie fast alle mit rund 18 Prozent darunter. Die so genannten "strategischen Transportfähigkeiten" - gemeint sind Transportflugzeuge - sollen gemeinsam entwickelt werden. Wie überhaupt bei der Rüstungsbeschaffung die "Entwicklung echter europäischer wirtschaftlicher Akteure" unterstützt werden soll.

Mit anderen Worten: Die Technik soll wenn möglich auf dem eigenen Kontinent hergestellt und gekauft werden. "Unser Ziel muss es sein, Verteidigungskooperation überall dort zu erreichen, wo diese möglich und wünschenswert ist, auf der Basis von ausreichenden Ausgaben und Unterstützung durch die EU", heißt es in dem Text.

Präsident Francois Hollande und Kanzlerin Angela Merkel hatten das Werk bei ihrem Treffen vorletzte Woche in Auftrag gegeben. Am Freitag soll es in Bratislava kurz vorgestellt und ein Fahrplan für den weiteren Umgang mit dem Thema erörtert werden. Ziel ist die Beschlussfassung beim EU-Gipfel im Dezember. "Europa muss die Europäer schützen. Das ist eine erste Priorität", hatte Hollande Anfang September gesagt. Kein Wort von nationaler Hoheit.

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