Linkspartei setzt auf die Rückkehr von Lafontaine

Den Job als Parteichef will er wohl behalten. Darauf hoffen jedenfalls viele in der Partei.

Saarbrücken. Es sind nur ein paar Zeilen, mit denen Oskar Lafontaine Dienstagnachmittag das politische Deutschland aufschreckt. Diesmal geht es nicht um politische Posten, um Ämter oder Rücktritte. Es sind private Nachrichten - und sie sind ernst: Der Linksparteichef hat Krebs.

In der Partei reagieren viele bestürzt, nur in seinem engsten Umfeld habe man von der Krankheit gewusst, sagt ein Funktionär. Seit Monaten war in der Partei und in den Medien über Lafontaines Gesundheitszustand mehr oder weniger offen spekuliert worden, zuletzt auch wieder über sein Privatleben. Vor allem aber war nach seinem überraschenden Rückzug von der Spitze der Bundestagsfraktion Anfang Oktober die Debatte um seine politische Zukunft voll entbrannt.

Einen Abschied auf Raten sahen einige in dem Schritt. Lafontaine selbst bekräftigte, er wolle Parteichef bleiben und am neuen Programm der Linkspartei mitarbeiten. "Um weiteren Spekulationen vorzubeugen", ließ gestern Lafontaine schließlich die knappe Mitteilung über seine Krankheit verbreiten, wie es in dem Schreiben heißt. Über Details teilte Lafontaine nichts mit, über den Zeitplan aber doch.

Bereits am Donnerstag soll der 66-Jährige operiert werden. Danach wolle er dann "zu Beginn des neuen Jahres unter Berücksichtigung meines Gesundheitszustandes und der ärztlichen Prognosen darüber entscheiden, in welcher Form ich meine politische Arbeit weiterführe", schrieb Lafontaine, der auch sein Mandat im Bundestag behalten wollte.

Dass sich dies nun ändern könnte, hält ein Parteisprecher für reine Spekulation. Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch rechnet damit, dass Lafontaine Anfang 2010 seine Ämter wieder aufnehmen werde, sagte er der "Ostsee-Zeitung". Lafontaines Verzicht auf den Fraktionsvorsitz im Bundestag habe mit der Erkrankung nichts zu tun. Die Debatte dürfte nicht zu Ende sein.

Auch für seine politische Zukunft im Saarland gebe es noch keine Entscheidung, betont die Partei. Dort bemühten sich die Genossen am Nachmittag, die Mutmaßungen in Grenzen zu halten. Wie geplant werde Lafontaine heute als Fraktionschef im Landtag auf die erste Regierungserklärung Peter Müllers (CDU) als Ministerpräsident der schwarz-gelb-grünen Koalition antworten.

"Er wird reden", sagte die Abgeordnete Birgit Huonker, und auch Landeschef Rolf Linsler hat nichts Gegenteiliges gehört. "Das ist eine schlimme Nachricht", sagte Linsler. Aber die Krankheit sei wohl rechtzeitig erkannt worden. Er sei zuversichtlich, sagte Linsler, dass Lafontaine rasch wieder aus der Klinik entlassen werde. Erst dann werde er selbst entscheiden, wo er welche Aufgaben wahrnehmen kann und will.

Seit rund 40 Jahren ist Lafontaine einer der schillerndsten Figuren in der deutschen Politik. Im Jahr 1970 zog er für die SPD in den saarländischen Landtag ein, wurde 1985 dort Ministerpräsident, scheiterte 1990 als Kanzlerkandidat gegen Helmut Kohl, putschte 1995 Rudolf Scharping aus dem Amt des SPD-Chefs, wechselte 1998 als Finanzminister nach Bonn und warf im Jahr drauf Ministeramt und Parteiamt hin. Vor vier Jahren schließlich trat er aus der SPD aus und gründete 2007 zusammen mit der PDS die Linkspartei.

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