Krise: Die Briten steuern in den Staatsbankrott

Die Finanzindustrie des Königreichs kollabiert – und zieht das Land mit in die Tiefe. Die Notenpresse wird angeworfen.

London. Noch vor zwei Jahren galt Großbritannien als Vorzeigeökonomie, jetzt steht die nach Deutschland zweitgrößte europäische Volkswirtschaft am Abgrund. Ökonomen und Investoren warnen vor einer Währungskrise und dem Staatsbankrott.

Willem Buiter, Professor an der London School of Economics und Ex-Mitglied der Bank of England, befürchtet den Verlust der Kreditfähigkeit. Das Königreich müsse sich auf einen Bittgang zum internationalen Währungsfonds einstellen wie 1976, als England der "kranke Mann Europas" war.

Der Vertrauensverlust führe zu einem beängstigenden Kapitalabfluss. Auslöser der Krise war der Kollaps des Bankenplatzes London, das bisher wichtigste Finanzzentrum Europas.

"Die Regierung verleugnet die Realität", sagt Crispin Odey, ein bekannter Londoner Hedge-Fonds-Manager, "das Land ist pleite." Die Bank of England kündigte an, die Notenpresse anzuwerfen: Um Geld in den Markt zu pumpen, will sie Staatsanleihen aufkaufen. Analysten werten die Geldvermehrung als Akt der Verzweiflung und warnen vor einem Crash des Pfunds.

Einen Schock löste die Einschätzung des World Economic Forum aus. Beim Stabilitäts-Ranking für Banken erhielt Großbritannien einen 44. Platz - hinter Peru, Chile und El Salvador. Noch 2006 stand das Land auf Rang 1.

Um die Milliardenlöcher der Kreditinstitute zu schließen, muss sich Premier Gordon Brown exzessiv Geld borgen. Die Nettoneuverschuldung liegt bei acht Prozent des Sozialprodukts. Wie in Island sind die privaten Haushalte in Großbritannien hoffnungslos überschuldet. Wie Island leidet das Land unter einer aufgeblähten Finanzindustrie.

Der Ökonom Buiter warnt, den Briten drohe das gleiche Schicksal: "Die Exzesse auf Island waren größer, aber in ihrer Qualität vergleichbar." Er wirbt darum, der Euro-Zone beizutreten, um die Wirtschaft zu stabilisieren.

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