Weltklimakonferenz Die Klimakonferenz bringt kaum Ergebnisse - und ist trotzdem unverzichtbar

Wo ist der Sinn, wo das greifbare Ergebnis dieser gigantischen Konferenz, die für zwei Wochen 25.000 Menschen aus der ganzen Welt in Bonn zusammengeführt hat? Eine Spurensuche.

Weltklimakonferenz: Die Klimakonferenz bringt kaum Ergebnisse - und ist trotzdem unverzichtbar
Foto: Rüger

Bonn. Wird sich am Ende dieses Bild in die Köpfe der Delegierten der Weltklimakonferenz einbrennen? Vor der Kulisse des Bötchensees in der Bonner Rheinaue, unweit des World Conference Centers (WCCB), ist eine kleine Kopie der New Yorker Freiheitsstatue aufgestellt. Aus ihrer Fackel steigt dichter Qualm auf. Daneben symbolisiert ein aufgespießter Eisbär das Drama des Klimawandels.

Sänger und Tänzer von den Fidschi-Inseln sorgten am Freitag im Plenarsaal für eine folkloristische Einlage.

Sänger und Tänzer von den Fidschi-Inseln sorgten am Freitag im Plenarsaal für eine folkloristische Einlage.

Die USA, so wird berichtet, haben die Verhandlungen der COP 23 zwar nicht behindert. Befördert haben sie sie auch nicht. Die Delegation war schlicht zu zweitrangig. Den Ruf eines der weltweit größten CO2-Emittenten haben die im Klimaschutz engagierten US-Staaten und Städte zu retten versucht. Aber der Frust der Entwicklungsländer war nicht zu überhören: „Der Egoismus der Mächtigen ist das Gift, das die Erde krank macht“, hat Venezuelas Ökominister Ramon Velasquez Araguayán gesagt.

Wo ist der Sinn, wo das greifbare Ergebnis dieser gigantischen Konferenz, die für zwei Wochen 25.000 Menschen aus der ganzen Welt in Bonn zusammengeführt hat? Auf der Suche nach einer möglichen Antwort kann man sich an die Fersen von Alexandra Dinspel heften. Die Sozialpädagogin des Bonner Altenzentrums auf dem Heiderhof in Bad Godesberg eilt im Laufschritt zum WCCB. Dort werden im Plenarsaal am letzten Konferenztag die 650 freiwilligen Helfer aus 74 Nationen geehrt, die mit dazu beigetragen haben, dass das Spektakel so unspektakulär und geschmeidig über die Bühne gehen konnte.

„Sie haben geholfen, den globalen Kurs des Klimaschutzes zu unterstützen“, lobt Olivier Adam, Koordinator des Freiwilligen-Programms der Vereinten Nationen. Im Grunde ist ja ohnehin der gesamte weltweite Klimaschutz ein Freiwilligen-Programm. Das Kyoto-Protokoll war noch von der irrigen Meinung ausgegangen, völkerrechtlich verbindliche Vorschriften könnten eine Umkehr befördern. Aber welche Sanktionsmöglichkeiten haben die UN? Das Paris-Abkommen setzt daher auf die Eigenverantwortung der Staaten.

Alexandra Dinspel erlebt täglich, wie das Thema Klimawandel generationsübergreifend diskutiert wird — bis hin zu den sonst so zurückhaltenden Bewohnern des Altenzentrums. Und sie erhofft sich von dem Treffen in Bonn eine Signalwirkung an die politisch Verantwortlichen. Die Größe der Veranstaltung stellt sie dabei nicht infrage. Das Thema sei so wichtig und weltweit relevant, dass regelmäßig Foren des Austausches und der gegenseitigen Bestärkung geschaffen werden müssten. Wie zur Bestätigung bricht im Plenarsaal Jubel aus, als von der Seite zwölf Sänger und sechs Tänzer der Fidschi-Inseln einziehen und für eine folkloristische Einlage sorgen. Da ist für einen Moment so etwas zu spüren wie internationale Solidarität und Verbundenheit angesichts der globalen Bedrohung durch den Klimawandel.

Aber Irene Anastassopoulou bleibt skeptisch. Für die griechische Redaktion der Deutschen Welle hat die Journalistin die Konferenz kontinuierlich beobachtet. Ihre wichtigste Erfahrung: die unmittelbar spürbare Angst der Menschen jener Inselstaaten, die schon jetzt massiv unter Veränderungen leiden. „Diese Länder und auch viele Länder Afrikas sind mit der Hoffnung nach Bonn gekommen, hier auf Verständnis für ihre Ängste zu treffen. Aber das war in Bonn zu wenig der Fall. Es gab noch eine große Distanz der entwickelten Länder.“

Die Fidschi-Inseln, bei der COP 23 mit der Präsidentschaft betraut, haben sich, so war am Rande der Veranstaltung zu hören, durch eine kluge Verhandlungsstrategie und die Beförderung eines offenen Dialogs ausgezeichnet. Aber wer von den zwei Bonner Wochen vorzeigbare Fortschritte und sichtbare Ergebnisse erwartet hat, muss zwangsläufig enttäuscht sein. Hauptaufgabe der offiziellen Verhandlungsgespräche war es, ein internationales Regelbuch für das Erreichen der Paris-Ziele zu erstellen. Das ist kein großer Wurf, sondern mühselige Detailarbeit mit Abstimmungsbedarf in Tausenden Einzelfragen. Die Bonner Fassung geht als Grundgerüst dann noch einmal ein Jahr lang in die Abstimmung innerhalb und zwischen den Teilnehmerstaaten. Erst 2018 bei der COP 24 in Kattowitz soll das Regelbuch endgültig beschlossen werden.

Der Wert, den Jörg Doppelfeld aus der Weltklimakonferenz zieht, ist daher auch ein anderer. Doppelfeld berät Unternehmen bei ihrer Klimastrategie und der Berichterstattung an die Aktionäre. Die Tage hat er meist außerhalb des offiziellen Verhandlungsbereichs in der Bonn-Zone verbracht, wo Staaten, Regionen, Städte und Nichtregierungsorganisationen ihre Klimaschutzprojekte präsentierten. „Dort konnte ich mich aufschlauen lassen.“

Denn das Thema hat so unendlich viele Facetten, dass man überall neuen Perspektiven begegnet. An der einen Stelle geht es um den Umgang mit Böden, die nicht mehr für die Landwirtschaft genutzt werden können, im nächsten Vortrag um die Klimaschutzmaßnahmen in den Städten Marokkos. „Und gerade in den kleinen Veranstaltungen kommt es wirklich zu einem Austausch und intensiven Diskussionen“, sagt der Unternehmensberater. Daher sei auch die Größe der Veranstaltung unverzichtbar: „Es ist wichtig für uns alle, uns rückzuversichern.“

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