Kinder sollen nach Scheidung abwechselnd betreut werden

Wahlideen im Check: Heute: Die Liberalen und das Wechselmodell nach Ehescheidungen.

Düsseldorf. Alle Parteien haben in ihren Wahlprogrammen markante und zum Teil auch ungewöhnliche Ideen parat, die wir in dieser Serie testen. Heute: Das Wechselmodell nach Ehescheidungen im Programm der FDP.

Die Idee: Nach einer Scheidung sollen die Kinder nach Möglichkeit abwechselnd von Mutter und Vater in deren jeweiligen Wohnungen betreut werden. Das kann im Verhältnis zwei Drittel zu ein Drittel oder halbe-halbe sein, der Wechselrhythmus kann wöchentlich oder anders sein. Dieses Modell soll nach dem Willen der FDP rechtlich der Regelfall werden statt des geltenden „Residenzmodells“, bei dem die Kinder nur ein festes Zuhause haben, in der Regel bei der Mutter, und nur an manchen Wochenenden zum anderen Elternteil gehen. Im Streitfall sollen Familiengerichte entscheiden.

Der Haken: Davon gibt es mehrere. Zum einen funktioniert das Modell nur, wenn beide Partner die Kinder auch betreuen wollen. Und dann müssen sie es auch finanziell und zeitlich können. Der Wechsel muss auch den Kindern zumutbar sein. Wohnt einer der Partner in einer entfernten Stadt oder ist er beruflich stark eingespannt, wird es schwierig.

Außerdem entstehen doppelte Kosten. Kleidung und Spielsachen müssen bei beiden vorhanden sein, Kinderzimmer sowieso. Väter, die meinen, sie könnten sich mit dem Modell Unterhaltszahlungen sparen, haben zwar zunächst Recht. Wenn die Betreuung hälftig ist, ist es der Unterhaltsanspruch auch. Dafür haben sie aber viel höhere eigene Ausgaben.

Bewertung: Immer mehr Scheidungseltern praktizieren das Wechselmodell bereits, und das alte Vorurteil, dass den Kindern so ein Zuhause fehle, darf nach den Erfahrungen in anderen Ländern wie Schweden, wo es der Regelfall ist, als widerlegt gelten. Sie haben dann eben zwei und kommen meist gut damit klar.

Beide Elternteile behalten auch im Alltag Verantwortung für die Erziehung der Kinder, ob das in Schule oder Freizeit ist. Väter werden nicht mehr zum Wochenend-Unterhalter degradiert. Die Einstufung als Regelfall kann zudem helfen, Partner zum Einlenken zu bewegen, die dem anderen die Kinder aus Rache oder anderen Motiven vorenthalten wollen.

Fazit: Eine gute Idee. Das Wechselmodell ist aber auch in Zukunft nur von einer Minderheit nutzbar, weil es für die Eltern teuer ist und Zeit erfordert.

Außerdem funktioniert es nicht, wenn die Eltern hoffnungslos zerstritten sind. Sie müssen miteinander kooperieren. Angepasst werden müssten zudem zahlreiche weitere Gesetze, vom Kindergeld bis zum Beamtenrecht, die derzeit alle noch darauf ausgerichtet sind, dass die Kinder in der Regel nur bei einem Elternteil bleiben.

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