Ist Guttenberg der richtige Wirtschaftsminister?

Rezession, Schaeffler und Wahlkampf: Die Aufgaben für den Nachfolger von Michael Glos sind groß.

Berlin/München. Mitten in der größten Wirtschaftskrise soll der 37-jährige CSU-Politiker Karl-Theodor zu Guttenberg dem glücklosen Michael Glos nachfolgen. Er wird damit - quasi aus dem Stand heraus - der bislang jüngste Bundeswirtschaftsminister.

Die CSU nennt ihr Nachwuchstalent stolz "unseren Weltpolitiker". Das klingt einerseits wie die typische Übertreibung einer bayerischen Regionalpartei, die sich ab und an etwas aufbläht. Andererseits hat sich Guttenberg als Außenpolitiker mit hervorragenden Englischkenntnissen tatsächlich bereits einen Namen gemacht, zuletzt bei der Sicherheitskonferenz in München.

In Sachen Wirtschaftskompetenz kann er darauf verweisen, das eigene Familienunternehmen geführt zu haben - und somit zu wissen, wie der wichtige Mittelstand tickt. Zu Guttenbergs bisherigem Wirken als CSU-Generalsekretär ist noch nicht so viel zu sagen, weil es nicht einmal für eine 100-Tage-Bilanz reichte: Der Christsoziale machte seinen nächsten großen Karriereschritt schon am 99. Tag im Amt.

Guttenberg kann und muss sich neben Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) als Krisenmanager profilieren. So trägt er die unmittelbare Verantwortung für den 100-Milliarden-Euro-Schutzschirm für die Industrie: Wem soll der Staat Bürgschaften und Kredite gewähren? Der erste große Antrag führt den CSU-Wunderknaben prompt in die fränkische Heimat: Die Schaeffler-Gruppe will vom Bund bis zu vier Milliarden Euro Unterstützung, um die Conti-Übernahme zu retten. Ein kniffliger Fall für den Einser-Juristen, zumal Steinbrück hier klare Kante zeigt und kein Steuergeld herausrücken will.

Eine zentrale für die Union insgesamt, denn es gilt, das ramponierte wirtschaftspolitische Image von CDU und CSU aufzupolieren. Nach wie vor fehlt der Union ein Fachmann wie der frühere Fraktionschef Friedrich Merz. Die größte Sorge der Union ist, dass weitere Wähler zur FDP abwandern. Das jedenfalls zeigen die Wahlergebnisse in Hessen genauso wie die jüngsten Umfragen. Die Wähler glauben Meinungsforschern zufolge zunehmend an eine Kernkompetenz der FDP in Steuer-, Finanz- und Wirtschaftsfragen.

Angeblich habe der CSU-Landesgruppenchef - also der ranghöchste CSUler in Berlin - das erste Zugriffsrecht gehabt, betonte CSU-Chef Horst Seehofer gestern. Allzu glaubwürdig klingt das jedoch nicht. Ramsauer und Seehofer können bekanntlich nicht besonders gut miteinander.

Sollten Union und FDP nach der Bundestagswahl im September eine Koalition bilden, gilt es als ausgemacht, dass das Bundeswirtschaftsministerium traditionsgemäß an die Liberalen fällt. Guttenberg würde dann neuer Landesgruppenchef und als solcher die CSU-Strippen in Berlin ziehen - und Ramsauer müsste gehen.

Seehofer wurde vom Glos-Rücktritt kalt erwischt - hat dann aber schnell das Heft in die Hand genommen und mit Guttenberg einen Vertrauten nach Berlin geschickt. Gar nicht gut sah CDU-Chefin Angela Merkel bei der Sache aus.

Obwohl die Bundeskanzlerin verfassungsrechtlich diejenige ist, die dem Bundespräsidenten formal die Ernennung und Entlassung von Bundesministern vorschlägt (Artikel 64 Grundgesetz), hatte sie nichts zu melden. In Koalitionsregierungen ist es nunmal Usus, dass die jeweiligen Parteivorsitzenden das Personal bestimmen - Grundgesetz hin wie her.

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