Zu Unrecht abgeschobener Afghane ist wieder zurück in Deutschland

Exakt drei Monate nach seiner Abschiebung ist ein Flüchtling zurück in Deutschland. Ein Gerichtsurteil hat es möglicht gemacht. Ob der junge Afghane bleiben kann, soll ein Asylverfahren entscheiden.

 Der Afghane Haschmatullah F. (l) kommt zu einer Pressekonferenz, (hinter ihm ist sein Rechtsanwalt Markus Niedworok). Der Mann war zunächst in sein Heimatland Afghanistan abgeschoben worden, durfte jedoch wegen eines Verfahrensfehlers bei seinem Asylverfahren wieder zurückkehren.

Der Afghane Haschmatullah F. (l) kommt zu einer Pressekonferenz, (hinter ihm ist sein Rechtsanwalt Markus Niedworok). Der Mann war zunächst in sein Heimatland Afghanistan abgeschoben worden, durfte jedoch wegen eines Verfahrensfehlers bei seinem Asylverfahren wieder zurückkehren.

Foto: Marijan Murat

Frankfurt/Tübingen. Der zu Unrecht abgeschobene afghanische Flüchtling Haschmatullah F. ist nach drei Monaten zurück in Deutschland. Am Abend wurde er in Tübingen von Freunden empfangen. Er könne vor Freude kaum still sitzen, sagte der 23-Jährige einer Dolmetscherin zufolge bei einer Pressekonferenz. Mit einem Visum der deutschen Botschaft in Pakistan ausgestattet, war F. am frühen Nachmittag in Frankfurt am Main gelandet und von einer Ehrenamtlichen nach Tübingen begleitet worden. Ob er in Deutschland bleiben kann, soll ein Asylverfahren entscheiden.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) hatte die Abschiebung des Mannes irrtümlich erlaubt, obwohl dagegen am Verwaltungsgericht Sigmaringen (Baden-Württemberg) ein Eilantrag anhängig war. Solche Anträge gewähren Schutz vor einer Abschiebung. Das Gericht hatte deswegen angeordnet, dass der Flüchtling zurückgeholt werden muss. Abschiebungen nach Afghanistan sind wegen der dortigen Gefahrenlage umstritten und werden von Menschenrechtsorganisationen kritisiert.

F. hatte im Sommer mehrere Monate in Tübingen gelebt und sollte zunächst wieder in seiner früheren Unterkunft unterkommen. „Ich hoffe, dass ich heute Nacht endlich mal ruhig schlafen kann“, sagte er am Abend. Der 23-Jährige bedankte sich bei der Bundesregierung dafür, dass er zurückgeholt wurde. „Sie haben meine Probleme dadurch gelöst.“ Wie er sagte, war sein Leben in Afghanistan in Gefahr, weil ihm die Taliban auf den Fersen waren. Er habe auf der Straße gelebt, sich im Wald versteckt.

Er war nach eigenen Angaben aus seiner Heimat geflüchtet, weil er als Militärangehöriger wegen der Zusammenarbeit mit ausländischen Kräften von den Taliban und der Terrormiliz Islamischer Staat bedroht worden sei. Dass Militärangehörige einer besonderen Risikogruppe angehörten, bestätigte sein Anwalt Markus Niedworok.

„Das war mein großer Wunsch, dass ich noch mal nach Deutschland kommen kann“, meinte F. nach der Landung am Nachmittag. Als er von der Rückholaktion erfahren hat, habe er wieder Lebensmut gefasst.

Er war ursprünglich am 3. Juni in Deutschland angekommen. Am 8. Juni hatte er Asyl beantragt, war aber abgelehnt worden mit dem Hinweis, dass er über Bulgarien in die EU gekommen sei - und damit gemäß der sogenannten Dublin-Vorschriften Bulgarien für ihn zuständig sei.

Gegen diese Entscheidung hatte Anwalt Niedworok am 2. August Einspruch eingelegt. Dennoch war F. am 14. September von Tübingen nach Bulgarien und von dort am 3. Oktober nach Afghanistan abgeschoben worden. Das Verwaltungsgericht Sigmaringen hatte das Bamf am 22. September aufgefordert, den Mann zurückzuholen.

„Wir begrüßen, dass das Bamf die Vorgaben des Verwaltungsgerichts Sigmaringen eingehalten und Hashmatullah F. von Afghanistan nach Deutschland zurückgeholt hat“, erklärte Andreas Linder vom Bündnis Bleiberecht in Tübingen. Das Bündnis forderte aus diesem Anlass generell einen fairen Umgang mit afghanischen Asylsuchenden in Deutschland. Kritik kam auch von der Organisation Pro Asyl, die dem Bamf „Pannen“ bei F.s Asylverfahren vorwarf. Diese hätten zur „rechtswidrigen Abschiebung“ geführt.

F. droht nach seiner Rückkehr keine Abschiebung nach Bulgarien, wie es die Dublin-Verordnung eigentlich vorsieht. „Da die Einreise mit einem Visum erfolgt, welches die deutsche Botschaft in Islamabad ausgestellt hat, ist Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig geworden“, teilte das Bamf mit. „Der Antragsteller wird zeitnah einen Anhörungstermin erhalten, in dem er seine verfolgungsrelevanten Gründe darlegen kann.“ dpa

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