Wer darf zu Olympia? - Sellering fordert klare Richtlinien

Schwerin (dpa) - Als Konsequenz aus dem Fall Drygalla fordert die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommerns klare Richtlinien von Sport und Politik für die Anforderungen an deutsche Olympia-Teilnehmer.

„Und wir sind der Meinung, dass eine Beziehung allein nicht reicht, sondern dass es auf den Menschen selbst ankommt, was er getan hat“, sagte Regierungschef Erwin Sellering (SPD) nach einer Kabinettssitzung in Schwerin. Die Ruderin Nadja Drygalla hatte wegen ihrer Beziehung zu dem früheren Rostocker NPD-Landtagskandidaten Michael Fischer die Olympischen Spiele in London vorzeitig verlassen.

Im Bundesinnenministerium gibt es seit Ende 2011 Überlegungen, in die Förderrichtlinien für Spitzensportler auch ein „Demokratiebekenntnis“ aufzunehmen. Das habe aber nichts mit der aktuellen Diskussion zu tun, sagte ein Sprecher. Berichte, die einen solchen Zusammenhang herstellten, müssten insofern „ausdrücklich dementiert“ werden. Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) fordere zunächst eine gründliche Aufklärung der Vorgänge.

Der mecklenburgische Innenminister Lorenz Caffier (CDU) wies Vorwürfe zurück, er habe den Sportverbänden Informationen zum Privatleben der heute 23-Jährigen aus dem Deutschland-Achter der Frauen vorenthalten. Diese seien stets im Bilde gewesen.

Nach Ansicht Sellerings war die Olympia-Nominierung vertretbar. „Erkenntnisse, dass sie persönlich aktiv rechtes Gedankengut vertritt, gibt es nicht“, hob er hervor. Auf ihre Beziehung zu Fischer angesprochen, hatte Drygalla bereits im vergangenen Jahr ihre Ausbildung bei der Landespolizei abgebrochen und war aus der Sportfördergruppe ausgeschieden. Anschließend hatte sie sich mit deutlichen Worten von der rechten Szene distanziert.

Verteidigungsminister Thomas de Maizière hatte sich am Montag in London kritisch zum Umgang mit der Ruderin geäußert. „Steht es uns als Öffentlichkeit eigentlich wirklich zu, den Freundeskreis von Sportlerinnen und Sportlern zu screenen, zu gucken, was da los ist?“ fragte der CDU-Politiker. Im Fall Drygalla sehe er eine Grenze überschritten.

Auch Caffier äußerte Bedenken: „Die Frage ist berechtigt. Hat die Öffentlichkeit das Recht, dass wir das gesamte Umfeld von Menschen in Spitzenfunktionen ausleuchten, dass wir Gesinnungsschnüffelei machen? Wir sagen: Nein.“ In Anspielung auf die DDR-Vergangenheit fügte er hinzu: „Das hatten wir früher, und wir sind froh, dass es das nicht mehr gibt.“ Auch Sellering kritisierte die Behandlung der Ruderin: „Wenn eine solche Entscheidung nach klaren Kriterien einmal getroffen ist, dann muss man dazu auch stehen.“ Stattdessen sei Drygalla nach ihrer Abreise aus London dem „Mediensturm“ überlassen worden.

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