Politik Warum FDP und Grüne ein Dreierbündnis in Berlin gefährden könnten

Berlin. Während die SPD den Liberalen schöne Augen macht und von einer rot-gelb-grünen Ampelkoalition träumt, zog Grünen-Chefin Simone Peter am Dienstag die Bremse und wies auf die hohen Hürden für ein mögliches Regierungsbündnis der drei Parteien hin.

Christian Lindner, der amtierende FDP-Chef, lobte sogar schon seinen Amtskollegen Cem Özdemir. „Er ist ein guter Grüner. Allerdings fügte Lindner einschränkend hinzu, dass Özdemir „kein repräsentativer“ Vertreter seiner Partei sei.

Christian Lindner, der amtierende FDP-Chef, lobte sogar schon seinen Amtskollegen Cem Özdemir. „Er ist ein guter Grüner. Allerdings fügte Lindner einschränkend hinzu, dass Özdemir „kein repräsentativer“ Vertreter seiner Partei sei.

Foto: dpa

Vor allem das grün-liberale Verhältnis ist durch eine Fülle wechselhafter Boshaftigkeiten gekennzeichnet. Und die lassen sich nicht einfach unter den Tisch kehren, egal, ob FDP und Grüne unter Führung eines SPD- oder CDU-Kanzlers zusammenarbeiten müssten.

In Berlin können sich noch viele gut daran erinnern, wie der einstige grüne Übervater Joschka Fischer über den früheren FDP-Chef Guido Westerwelle her zog: Mal war er der „Guuiiido“ und manchmal auch nur das „Guidolein“. Die Liberalen wiederum feilten maßgeblich am Negativ-Image der grünen „Verbotspartei“ mit. Der von den Ökos postulierte „Veggy-Day“ war eine Steilvorlage für die Freidemokraten, um die Konkurrenz als Inkarnation politischer Gängelung und Bevormundung abzustempeln. Die Jungen Liberalen zogen seinerzeit sogar zum Protest-Grillen vor die Berliner Grünen-Zentrale und schwenkten hämische Plakate („Kantine ohne Fleisch ist wie K(ü)nast“). Derweil schossen die Grünen aus allen Rohren, als auf Betreiben der FDP das Hotel-Gewerbe steuerlich entlastet wurde („Mövenpick-Steuer“). Solche Scharmützel würden wahrscheinlich bis heute andauern, hätten die Liberalen nicht 2013 wegen politischer Schwindsucht den Bundestag verlassen müssen.

Dabei ist die Wählerklientel beider Parteien auf den ersten Blick gar nicht so grundverschieden. Grüne und FDP punkten eher bei jüngeren Leuten, besonders, wenn sie gut verdienen und einen höheren Bildungsabschluss haben. In wichtigen Grundeinstellungen trennen ihre jeweiligen Anhänger aber offenbar Welten. Älteren Untersuchungen zufolge versteht die übergroße Mehrheit der Grünen-Wähler unter Gerechtigkeit „Solidarität“. Die meisten Freidemokraten dagegen setzen hier in erster Linie auf Leistungsgerechtigkeit. Dieser kultureller Unterschied klang am Dienstag auch bei Grünen-Chefin Peter an: „Um Freiheit und Demokratie zu verteidigen, braucht es eine starke und solidarische Gesellschaft — hier spaltet die FDP und betreibt weiterhin Klientelpolitik, statt der wachsenden Ungleichheit im Land den Kampf anzusagen“.

Auch der Berliner Politikforscher Gero Neugebauer sieht eine Vielzahl politischer Stolpersteine im Binnenverhältnis beider Parteien: „ Die FDP will Steuern senken, die Grünen wollen die Vermögensteuer wieder einführen“. Auch beim Thema Euro-Rettung gebe es große Unterschiede, ebenso in Sachen Griechenland . „Die Grünen wollen einen Schuldenerlass, die FDP sagt, Griechenland müsse raus aus der Euro-Zone“, erläuterte Neugebauer. Auf der anderen Seite sind da allerdings auch zahlreiche Gemeinsamkeiten: Bürgerrechte, Selbstbestimmung, Datenschutz, eine moderne Gesellschaft bis hin zur „Ehe für alle“ - hier kämen beide Parteien sicher schnell unter einen Hut. „Am Ende wird es von den Führungspersonen abhängen, ob die Chemie stimmt“, prophezeit Neugebauer.

An dieser Stelle sind die Fronten sicher nicht mehr ganz so verhärtet wie noch zu Zeiten Fischers und Westerwelles. Christian Lindner, der amtierende FDP-Chef, lobte sogar schon seinen Amtskollegen Cem Özdemir. „Er ist ein guter Grüner. Allerdings fügte Lindner einschränkend hinzu, dass Özdemir „kein repräsentativer“ Vertreter seiner Partei sei. Jedenfalls steckt in den Grünen auch noch eine Menge Jürgen Trittin, mit dem Lindner herzlich wenig gemeinsam hat.

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