Asyl-Debatte Warum die Polizei-Gewerkschaft von Seehofers Transitzentren nichts hält

Innenminister Seehofer will Migranten leichter in andere EU-Staaten zurückschicken. Dabei helfen sollen Transitzentren nahe der österreichischen Grenze. Die Gewerkschaft der Polizei sieht nicht, wie das klappen soll.

 In einem Zentrum für Asylsuchende in Bayern halten Hände von Sicherheitskräften einen Zaun fest.

In einem Zentrum für Asylsuchende in Bayern halten Hände von Sicherheitskräften einen Zaun fest.

Foto: Stefan Puchner

Berlin. Die von CDU und CSU geplanten Transitzentren für Migranten sind nach Einschätzung der Gewerkschaft der Polizei (GdP) rechtlich fragwürdig und nicht praktikabel. „Was hier abgeliefert wird ist Stückwerk, weil es andere deutsche Grenzen nicht betrachtet und dafür keine Konzepte liefert“, bemängelt der stellvertretende Bundesvorsitzende Jörg Radek. „Wir haben bei Migranten immer eine Ausweichbewegung.

Die Konsequenz wird wahrscheinlich sein, dass nach zwei oder drei Monaten die Transitzentren in Bayern leer bleiben und es dafür anderenorts einen Anstieg gibt.“ Eine GdP-Analyse, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, moniert unter anderem einen Verstoß gegen das Gleichbehandlungsprinzip: Migranten würden an der bayerisch-österreichischen Grenze festgehalten, während sie andere deutsche Grenzen ungehindert passieren könnten. Für sinnvoller hält Radek einen anderen Vorschlag sowohl von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) als auch von CSU-Chef und Innenminister Horst Seehofer - eine Schleierfahndung hinter den Grenzen. Auch das Konstrukt der „Fiktion der Nichteinreise“ ist nach Einschätzung der GdP juristisch nicht haltbar.

Die innerhalb der Union vereinbarten Transitzentren sollen ähnlich funktionieren wie der Transitbereich beim so genannten Flughafenverfahren: Dort werden Migranten noch vor der offiziellen Einreise nach Deutschland festgehalten und müssen ein beschleunigtes Asylverfahren durchlaufen. Auf Menschen, die auf dem Landweg oder mit dem Flugzeug aus anderen Schengen-Staaten einreisen, lässt sich diese Regelung laut GdP aber nicht übertragen.

Die Gewerkschaft verweist auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2015, wonach die Grenzen Deutschlands zu anderen Schengen-Staaten als überschritten gälten, sobald der Reisende sie physisch passiert hat. Bei Flügen aus anderen Schengen-Staaten gilt demnach der Flughafen als Grenze.

Die Bundespolizei dürfe zudem nicht für den Betrieb von Transitzentren eingesetzt werden, so die GdP. Hier seien laut Rechtsprechung das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) sowie die Länder zuständig.

Außerdem dürften die Beamten Menschen nur bis zum Folgetag festhalten. „Dann stellt sich die Frage: Was ist nach den 24 Stunden?“, sagt Radek. Innerhalb dieses Zeitraums ließen sich, besonders am Wochenende, die nötigen Absprachen zur Zurückweisung von Migranten in andere Länder nicht treffen. Auch die Feststellung, ob ein Asylbewerber in einem anderen EU-Staat schon ein Asylverfahren durchlaufe, sei „im praktischen Grenzkontrolldienst in der gebotenen Schnelligkeit kaum zu leisten“, heißt es in dem Papier. Den Unionsplänen zufolge sollen aufgegriffene Migranten, die schon in einem anderem EU-Staat einen Asylantrag gestellt haben, in Transitzentren untergebracht werden und von dort zurückgeführt werden.

Die GdP weist auch darauf hin, dass der Europäische Gerichtshof und deutsche Gerichte besonders für Bulgarien, Griechenland und Italien beim Umgang mit Migranten Verstöße gegen die Europäische Menschenrechtskonvention festgestellt haben. Diese Hindernisse bestünden weiter, selbst wenn es Abkommen zur schnelleren Rücknahme von Migranten durch diese Länder gebe.

„Das würde zu einer langen und nicht zu rechtfertigenden Festhaltung in den „Transitzentren“ führen“, warnt die GdP. Schließlich erinnert die Gewerkschaft daran, dass die EU die aktuellen Grenzkontrollen zwischen Deutschland und Österreich derzeit nur bis Mitte November genehmigt hat. dpa

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