Wahlkampffinale in Sachsen

Dresden (dpa) - Bei der Landtagswahl in Sachsen muss die letzte schwarz-gelbe Koalition in Deutschland am Sonntag mit ihrer Abwahl rechnen.

Wahlkampffinale in Sachsen
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Die CDU unter Ministerpräsident Stanislaw Tillich wird nach den Umfragen zwar klar stärkste politische Kraft bleiben, der Koalitionspartner FDP dürfte aber an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern.

Die eurokritische AfD wird den Prognosen zufolge nach ihrem Erfolg bei der Europawahl erstmals in einen Landtag einziehen. Dies wird möglicherweise erneut auch der rechtsextremen NPD gelingen. Zweitstärkste Kraft dürfte die Linke werden, gefolgt von der SPD, die sich Hoffnungen auf eine Neuauflage der bis 2009 regierenden schwarz-roten Koalition macht.

Zwei Tage vor der Wahl rührten die Parteien bei ihren Abschlusskundgebungen noch einmal kräftig die Wahlwerbetrommel. Für die CDU und Ministerpräsident Stanislaw Tillich trat Bundeskanzlerin Angela Merkel in Dresden auf die Bühne. Die SPD bot unter anderem Altkanzler Gerhard Schröder auf. Parteichefin Katja Kipping und der Bundestagsfraktionsvorsitzende Gregor Gysi warben um Stimmen für die Linke. Von den Grünen war Parteichef Cem Özdemir in Chemnitz unterwegs.

Nach den Umfragen hätte eine schwarz-rote Koalition eine satte Mehrheit. Möglich wäre aber auch eine Koalition aus CDU und AfD, die Tillich nicht explizit ausgeschlossen hat. Er ziehe ein solches Bündnis aber nicht in Betracht, sagte er kürzlich in einem Zeitungsinterview. Spekuliert wird zudem über eine schwarz-grüne Koalition, wie sie derzeit in Hessen regiert.

Bei ihrem Auftritt vor der Dresdner Frauenkirche würdigte Merkel das im Krieg zerstörte und wiederaufgebaute Gotteshaus als Symbol gemeinsamen „Anpackens“. Noch am Abend wollte sie auch in Annaberg-Buchholz im Erzgebirge sprechen. „Wir werben heute noch einmal für klare Verhältnisse in Sachsen, ohne Extremisten im neuen Landtag“, sagte CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer.

Die SPD verknüpfte den Wahlkampfabschluss mit einem Festakt zum zehnjährigen Jubiläum der EU-Osterweiterung, zu dem neben Altkanzler Schröder auch der tschechische Regierungschef Bohuslav Sobotka an die Elbe gekommen waren. Polens Ex-Premier Leszek Miller, der sich ebenfalls angekündigt hatte, musste kurzfristig absagen.

Nach dem ZDF-„Politbarometer“ vom Donnerstag liegt die CDU bei 40,4 Prozent. Die Linke kommt auf 19 Prozent. Die SPD ist mit 15 Prozent drittstärkste Kraft. Für die Grünen wird es knapp - sie stehen nur noch bei 5,5 Prozent. Dagegen scheint der Einzug der AfD in den Landtag mit 7 Prozent in der Umfrage sicher zu sein. Die FDP würde dagegen mit 3 Prozent ausscheiden. Der Wiedereinzug der rechtsextremen NPD (5 Prozent) ist offen.

Der 31. August war als Wahltermin umstritten, weil in Sachsen dann die Ferien zu Ende gehen und viele am Sonntag noch auf der Heimreise sein könnten. Eine geringe Wahlbeteiligung spielt in der Regel Parteien wie der NPD in die Hände. „Die Entscheidung von CDU und FDP, den Wahlkampf in die Ferien zu verlegen, war politisch fahrlässig“, sagte Grünen-Spitzenkandidatin Antje Hermenau.

Grüne und FDP beendeten den Wahlkampf bereits am Donnerstag und gaben sich optimistisch, wieder im Landtag vertreten zu sein. Auch AfD-Spitzenkandidatin Frauke Petry zeigte sich siegesgewiss. „Ich denke, dass wir die 7 Prozent auf jeden Fall erreichen werden“, sagte sie der dpa. Linke-Parteichef Rico Gebhardt nannte den Wahlkampf in der Urlaubszeit eine enorme Herausforderung: „Deswegen sind wir dahin gegangen, wo die Menschen zu finden sind.“ Linke, SPD und AfD waren selbst an die Ostsee gereist, um Urlauber aus Sachsen zu erreichen.

Zur Wahl aufgerufen sind 3,4 Millionen Bürger. Um die regulär 120 Mandate im Landtag in Dresden bewerben sich 636 Kandidaten. Durch Überhang- und Ausgleichsmandate zählte der Landtag zuletzt 132 Abgeordnete.

Die CDU hatte schon die Wahl 2009 mit 40,2 Prozent klar gewonnen. Dahinter folgte die Linke mit 20,6 Prozent. Die SPD holte mit 10,4 Prozent ihr zweitschlechtestes Ergebnis, die FDP erreichte für ihre Verhältnisse starke 10,0 Prozent. Für die Grünen stimmten damals 6,4 Prozent, die rechtsextreme NPD bekam 5,6. Die bisherige Sitzverteilung im Landtag: CDU (58), Linke (29), SPD (14), FDP (14), Grüne (9), NPD (8). Die Wahlbeteiligung lag 2009 bei 52,2 Prozent.

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