Vorschusslorbeeren für neuen palästinensischen Regierungschef

Ramallah (dpa) - Die Ernennung von Rami Hamdallah zum neuen palästinensischen Ministerpräsidenten ist im Westen positiv aufgenommen worden. Der 54 Jahre alte Sprachwissenschaftler und Universitätspräsident setzt auf Kontinuität und Stabilität.

Hamdallah gilt wie sein Vorgänger Salam Fajad als gemäßigt und pragmatisch.

Er wolle die bestehende Regierung zunächst nicht umbilden, kündigte der unabhängige Politiker am Montag im palästinensischen Rundfunk an.

Hamdallah begründete dies damit, dass sein Kabinett vermutlich ohnehin nur drei Monate weiterbestehen werde - bis zur vereinbarten Bildung einer Einheitsregierung der rivalisierenden Palästinenserorganisationen Fatah und Hamas. Deutschland und die USA nahmen die Ernennung des unabhängigen Politikers und Sprachwissenschaftlers positiv auf. Israel äußerte sich zunächst nicht. Die im Gazastreifen herrschende Hamas bezeichnete sie hingegen als „illegal“.

Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hatte den international wenig bekannten Hamdallah am Sonntagabend zum Regierungschef ernannt. Er löst den vor allem im Westen geschätzten Salam Fajad ab, der im April nach internen Streitigkeiten zurückgetreten war. Die israelische Zeitung „Haaretz“ schrieb am Montag, auch Hamdallah gelte als gemäßigt und pragmatisch, wenn es um Israel oder den Nahost-Friedensprozess gehe.

Bundesaußenminister Guido Westerwrellle äußerte sich zuversichtlich, dass Hamdallah die erfolgreiche Politik Fajads „für den Aufbau staatlicher Strukturen in den palästinensischen Gebieten und die Suche nach konstruktiven Lösungen im Verhältnis mit Israel
fortsetzen wird“. Man freue sich auf „eine weiterhin gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der palästinensischen Behörde“, sagte er nach Angaben des Auswärtigen Amtes vom Montag.

Auch die US-Regierung gratulierte Hamdallah. Die Ernennung erfolge zu einem Zeitpunkt der Herausforderungen, aber auch der wichtigen Möglichkeiten, erklärte Außenminister John Kerry. „Zusammen können wir den Pfad einer Zwei-Staaten-Verhandlungslösung einschlagen“, sagte er.

Hamdallah soll drei Monate lang an der Spitze einer Übergangsregierung stehen. Die beiden größten Palästinenserorganisationen, die gemäßigte Fatah und die radikal-islamische Hamas, hatten nach Fajads Rücktritt vereinbart, bis Mitte August gemeinsam eine Regierung unabhängiger Experten mit Abbas als Ministerpräsidenten zu bilden.

Ähnliche Vereinbarungen scheiterten bereits in der Vergangenheit. Sollte die Einheitsregierung wieder nicht zustande kommen, würde Hamdallah im August eine neue Regierung bilden. Ein Hamas-Sprecher in Gaza bezeichnete Hamdallahs Ernennung am Sonntagabend als illegal und betonte, sie werde die Probleme nicht lösen.

Im Juni 2007 kam es nach langem Bruderkrieg zum Bruch zwischen der Fatah und Hamas. Die israelfeindliche Hamas übernahm damals nach blutigen Gefechten die alleinige Kontrolle im Gazastreifen. Die Fatah von Präsident Abbas herrscht im Westjordanland.

Als Folge der Teilung verfehlten beide Organisationen das Ziel, Wahlen abzuhalten. Die Präsidentschaftswahlen sind seit 2009 und die Parlamentswahlen seit 2010 überfällig. Es ist geplant, dass die künftige Einheitsregierung im Sommer mit Vorbereitungen für Neuwahlen beginnt, die theoretisch binnen drei Monaten - bis November - abgehalten werden sollen. Es wird allerdings damit gerechnet, dass auch dieser Termin wieder verschoben wird.

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