Koalition: Ökostromreform durch, Erbschaftsteuer vertagt

Berlin (dpa) - Union und SPD haben ihren Streit um die Ökostromreform abgeräumt, müssen bei der Erbschaftsteuer aber nachsitzen. An diesem Freitag wollen Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), CSU-Chef Horst Seehofer und SPD-Chef Sigmar Gabriel gemeinsam nach einer Lösung suchen.

Koalition: Ökostromreform durch, Erbschaftsteuer vertagt
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Die Regierung steht unter Zeitdruck, weil die Karlsruher Verfassungsrichter eine Neuregelung bei Steuervorteilen für Firmenerben bis Ende Juni verlangt haben. Beim Umbau des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) kamen CDU und SPD der CSU am Mittwochabend beim Koalitionsgipfel der Partei- und Fraktionschefs im Kanzleramt ein Stück weit entgegen. Die Ergebnisse im Überblick:

ÖKOSTROM: Nach monatelangem Hin und Her steht die EEG-Reform. Zuletzt blockierte Seehofer eine Einigung, weil er mehr für die in Bayern weit verbreiteten Biogasanlagen herausholen wollte. Am Dienstagabend hatte er die Runde der Länderchefs mit Merkel nach zweieinhalb Stunden wortlos verlassen, als er mit seinen Forderungen abgeblitzt war. Statt der von Seehofer verlangten 250 Megawatt werden nun zwischen 2017 und 2019 jeweils 150 Megawatt ausgeschrieben (für Neu- und Altanlagen). In den Jahren 2020 und 2021 sind es 200 Megawatt. Nach Angaben der Bundesregierung führt das zu Mehrkosten von zunächst 250 Millionen Euro pro Jahr, später dann steigt die Summe auf 550 Millionen Euro. Das müssen alle Verbraucher über den Strompreis bezahlen.

Bei neuen Windrädern an Land wird der Ausbau in den kommenden sechs Jahren auf 2800 bis 2900 Megawatt begrenzt. Umweltschützer und Grüne warnen, dass die Koalition damit die Energiewende abwürge und Deutschland seine Klimaschutzziele kaum erfüllen könne. Merkel betonte, die Einigung sei „extrem wichtig“, damit die Ökostromreform bereits am nächsten Mittwoch vom Kabinett beschlossen werde könne. Die alte EEG-Förderung läuft Ende des Jahres aus: „Und wir brauchen natürlich Klarheit für alle, die in den Bereich investieren wollen“, sagte Merkel. Kern der Reform ist die Umstellung der bisher für 20 Jahre vom Staat garantierten festen Vergütung für Betreiber von Ökostrom-Anlagen auf Ausschreibungen. Das soll mehr Wettbewerb bringen und Kosten senken.

ERBSCHAFTSTEUER: Keinen Durchbruch gab es bei der geplanten Erbschaftsteuerreform - jedoch Fortschritte, wie in Unionskreisen betont wurde. Nun sollen Seehofer, Schäuble und Gabriel am Freitag in kleiner Runde einen Kompromiss ausloten. Die Zeit für eine Koalitionseinigung wird immer knapper. Das Bundesverfassungsgericht hatte der Politik bis zum 30. Juni dieses Jahres und damit eineinhalb Jahre Zeit gegeben, die bisherige Begünstigung von Firmenerben bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer neu zu regeln. Die Karlsruher Richter hatten einige Privilegien als überzogen kritisiert und gekippt. CDU, CSU und SPD im Bundestag hatten sich im Februar auf ein Modell verständigt. Seehofer pochte anschließend aber auf weitergehendere Begünstigungen und stellte einen Katalog mit acht Forderungen auf. Diese lehnt die SPD bislang ab und nennt den bisherigen Kompromiss schon sehr weitgehend. Merkel erklärte dazu am Donnerstag: „Bei der Erbschaftsteuer war klar, dass wir noch keine Einigung erreichen.“ Nun gingen die Gespräche weiter, „wie das so ist, wenn man ein kompliziertes Gesetzgebungsvorhaben hat“.

LOHNGLEICHHEIT: Verhärtet sind die Fronten bei der von Familienministerin Manuela Schwesig und der SPD verlangten Regelung, um die schlechtere Bezahlung von Frauen gegenüber Männern abzubauen. Aus SPD-Sicht bremst vor allem die CDU. Erschwert wird die Suche nach einer Lösung, weil der Koalitionsvertrag an dem Punkt vage ist. Nun wird weiter verhandelt. „Und da sind sich alle drei Parteivorsitzenden der die Koalition tragenden Parteien komplett einig“, meinte Merkel.

BEHINDERTE: Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) stellte ihr Gesetzespaket vor, mit dem die Lebensbedingungen für Millionen von Menschen mit Behinderungen verbessert werden sollen. Das sogenannte Bundesteilhabegesetz soll bis Ende Juni ins Kabinett gehen. Angesichts der erwarteten Mehrkosten ab 2017 sollen die Kommunen entlastet werden - im Umfang von fünf Milliarden Euro. „Das ist eine sehr gute Nachricht für viele, viele Menschen mit Behinderungen“, sagte Nahles. Unter anderem ist geplant, dass Menschen mit Behinderungen, die Eingliederungshilfe bekommen, deutlich mehr Vermögen als heute (2600 Euro) behalten dürfen.

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