Inland Verkehrsminister Alexander Dobrindt steht unter Beschuss — nicht zum ersten Mal

Berlin. Alexander Dobrindt mag es durchaus, unter gegnerischem Feuer zu stehen. Dann erwacht der Generalsekretär in ihm, der er einmal gewesen ist. Doch im Moment scheint der CSU-Mann abgetaucht, er wartet ab.

 Die aktuelle Privatisierungspleite ist für Dobrindts Ambitionen nicht gerade hilfreich.

Die aktuelle Privatisierungspleite ist für Dobrindts Ambitionen nicht gerade hilfreich.

Foto: Michael Kappeler

Die finanziellen Probleme des privaten Autobahnbetreibers A1 Mobil und die Klage der Firma von angeblich 787 Millionen Euro gegen den Staat könnten die Karriereplanung des 47Jährigen Bayern durchkreuzen.

Wird es auf den letzten Metern der Legislaturperiode eng für den Verkehrsminister? Die Wahrscheinlichkeit ist gering. Aber seit bekannt geworden ist, dass sein Ministerium schon seit 2013 Schlichtungsgespräche mit dem in die Krise geratenen Konsortium geführt haben soll, fordert die Opposition den Rücktritt Dobrindts.

Er, der Privatisierungsfan, wisse seit vier Jahren, dass der Betreiber eines 72,5 Kilometer langen Abschnitt der A1 zwischen Hamburg und Bremen am Rande der Pleite stehe, lautet der Vorwurf. Aber er habe die zuständigen Bundestagsausschüsse über das finanzielle Desaster nicht informiert. Dobrindts Sprecher betonte am Montag, man stelle derzeit „die gesamte Historie“ des Projektes zusammen mit dem Ziel, die Ausschüsse des Bundestages und die Öffentlichkeit umfangreich in Kenntnis zu setzen. Dass es seit langem Probleme bei dem Projekt gebe, wisse man. Bei früheren Gesprächen auf Arbeitsebene sei es aber nicht um die Gefahr einer Insolvenz des Betreibers gegangen. Seine Kernbotschaft war freilich die: Den Ärger hat ein anderer zu verantworten. 2008, als das Betreibermodell festgezurrt wurde, sei das Verkehrsministerium noch in SPD-Hand gewesen. Der Minister hieß damals Wolfgang Tiefensee — und der habe „alles angeschoben“, so der Sprecher.

Mag sein, dass damals schon Fehler gemacht wurden. Durchschaubar bleibt das Ablenkungsmanöver trotzdem. Es ist auch dem Wahlkampf geschuldet. Denn der Vorgang kommt für Dobrindt zur Unzeit, weil im Hintergrund bereits darum gerangelt wird, wer von der CSU nach der Bundestagswahl welches Amt behalten oder bekommen wird. Der Privatisierungsflop verschlechtert Dobrindts Bilanz noch mehr: In der Dieselaffäre entpuppte sich der Minister eher als Zuträger der Wirtschaft und Verfechter ihrer Interessen, aber nicht als Anwalt der Autofahrer. Die Pkw-Maut für Ausländer brachte der 47Jährige nur mit Mühe ins Ziel, entstanden ist zudem ein Bürokratiemonster, das auch deutsche Fahrer betrifft und nach Ansicht von Experten kaum nennenswerte Zusatzeinnahmen bringen wird. Mehr Güterverkehr auf die Schiene zu verlagern ist Dobrindt ebenso nicht gelungen wie deutlich mehr Elektroautos auf die Straße zu bringen. Und bei der Breitbandversorgung, für die er als Minister für Digitales auch zuständig ist, geht es nur schleppend voran. Die Opposition hält den Diplom-Soziologen für komplett gescheitert.

Von Dobrindt weiß man nicht so genau, ob er überhaupt noch einmal Verkehrsminister werden möchte. Lust am Regierungsjob hat er nie versprüht. Anders beispielsweise als sein Parteifreund, Entwicklungshilfeminister Gerd Müller. Es heißt, Dobrindt schiele nach der Bundestagswahl auf den Landesgruppenvorsitz, eines der mächtigsten CSU-Ämter in Berlin mit deutlich mehr Einfluss. Eine Position für politische Generalisten wie Dobrindt. Sollte es zu einer Koalition aus Union mit zwei weiteren Partnern kommen, braucht es zudem an der Spitze der Landesgruppe jemanden mit Kämpferqualitäten. Die er hat. Vergangene Woche wurde zudem kolportiert, dass CSU-Chef Horst Seehofer erwäge, dann den jetzigen Generalsekretär Andreas Scheuer im Verkehrsressort zu installieren. Sicher ist das alles aber nicht. Feststehen dürfte lediglich, dass die aktuelle Privatisierungspleite für Dobrindts Ambitionen nicht gerade hilfreich ist.

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