Bundestagswahlkampf Verheißungen im Steuerwahlkampf

Ifo-Institut legt Berechnungen zur Abflachung des Mittelstandsbauchs vor

Symbolbild.

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Foto: dpa

Berlin. Der heraufziehende Bundestagswahlkampf wird auch ein Steuerwahlkampf. Praktisch alle Parteien wollen mit mehr oder minder ausgefeilten Konzepten zur Reform des Lohn- und Einkommensteuertarifs punkten. Dazu müssen sie beim so genannten Mittelstandsbauch ansetzen. Das Münchner Ifo-Institut hat Berechnungen angestellt, was die Bürger erwarten könnte.

"Der Abbau des Mittelstandsbauchs kommt allen Steuerzahlern zugute", sagte Ifo-Chef Clemens Fuest am Freitag in Berlin. Das Phänomen entsteht, weil der geltende Steuertarif zunächst einem Zickzackkurs gleicht. Auf Jahreseinkünfte bis 8.652 Euro werden gar keine Steuern fällig. Zwischen 8.653 und 13.669 Euro steigt der Satz dann von 14 auf 24 Prozent steil an. Anschließend folgt ein flacherer Verlauf bis zu einem zu versteuernden Einkommen von 53.665 Euro. Oberhalb dieser Schwelle ist für jeden zusätzlich verdienten Euro bereits der Spitzensteuersatz von 42 Prozent fällig. Und zwar bis zu einer Einkommensgrenze von 254.447 Euro. Erst danach greift die so genannte Reichensteuer mit 45 Prozent. Das heißt, von jedem zusätzlich verdienten Euro gehen dann 45 Cent an den Fiskus.

Der geltende Tarifverlauf sorgt also dafür, dass die Einkommensteuerlast gerade für Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen schnell ansteigt. Genau diese Bevölkerungsgruppe wollen Union, SPD & Co künftig besserstellen. Doch das kostet. Denn ein großer Teil der Steuerpflichtigen ist eben genau in diesem Einkommensbereich. Würde man den Mittelstandsbauch vollständig abschaffen, müsste der Staat nach Ifo- Berechnungen Steuerausfälle von jährlich 31,4 Milliarden Euro verkraften. Eine so große Lücke hält auch Fuest für unrealistisch. Doch es gibt weitere Optionen, die zu spürbaren Entlastungen führen. Etwa, indem man die Grenze erhöht, ab der der Steuertarif 24 Prozent übersteigt (derzeit 13.669 Euro). Oder, indem der Spitzensteuersatz erst bei höheren Einkünften greift und nicht schon bei 53.665 Euro, auf die heute bereits ein gut verdienender Facharbeiter kommen kann. Würde der Spitzensteuersatz zum Beispiel erst bei 80.000 Euro fällig, würden die Steuereinnahmen nach Berechnungen des Ifo-Instituts um gut 15 Milliarden Euro sinken. Möglich wäre auch die Kombination aus einer Abflachung des Mittelstandsbauchs und einem erst später einsetzenden Spitzensteuersatz. In diesem Falle könnte eine vierköpfige Familie mit einem Jahresbrutto vom 60.000 Euro um 938 Euro entlastet werden.

CDU und CSU haben für Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen sowie für Familien bereits ein Entlastungsvolumen zwischen zehn und 15 Milliarden Euro angekündigt. Die Mittelstandsvereinigung der Union (MIT) will noch mehr und hat dazu bereits einen sehr detaillierten Plan vorgestellt. Laut Ifo-Institut würde das Konzept zu Steuerausfällen von fast 24 Milliarden Euro führen, was politisch kaum realistisch ist. Bei der SPD dagegen sind die Entlastungsversprechen noch vage. Nur der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sprach bereits von einem zweistelligen Milliardenbetrag. Gleichzeitig will er aber den Spitzensteuersatz erhöhen. Würde dieser Satz auf 45 Prozent steigen, könnte der Staat laut ifo-Institut mit Mehreinnahmen von 9,3 Milliarden Euro rechnen. Auch die Ideen der Linken und der Grünen sind ein Mix aus Mehrbelastungen für Gutbetuchte und Hilfen für Otto-Normalverdiener.

Steuererhöhungen im oberen Bereich hätten allerdings Konsequenzen für die Wirtschaft, weil davon die Personengesellschaften betroffen seien, warnte Fuest. Er wünsche sich daher auch klare Konzepte von den Parteien. Dann könne man auch genau nachrechnen, so Fuest.

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