Union einigt sich auf Mindestlohnmodell

Berlin (dpa) - Die Union hat sich nach monatelangem Ringen auf ein Mindestlohnmodell verständigt und setzt damit den Koalitionspartner FDP erneut unter Druck. Der Mindestlohn soll für Beschäftigte ohne Tarifverträge gelten.

Festsetzen soll ihn eine paritätisch von Arbeitgebern und Gewerkschaften besetzte Kommission, teilten Vertreter der Unionsfraktion in Berlin mit. Danach sollen auch Differenzierungen nach Branchen, Regionen und Arbeitnehmergruppen möglich sein. Die FDP reagierte zurückhaltend, die Arbeitgeber sehen in dem Modell einen gesetzlichen Mindestlohn. SPD und Gewerkschaften ist der Plan nicht ambitioniert genug.

Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) sagte, das Modell werde von Partei und Fraktion getragen. Es sei wichtig, dass ein solcher Mindestlohn marktwirtschaftlich verhandelt und umgesetzt werde. Man wolle jetzt die Gespräche mit dem Koalitionspartner FDP aufnehmen, um möglichst noch in dieser Legislaturperiode eine Lohnuntergrenze festzulegen. Die Union setzt damit einen Beschluss des CDU-Parteitags vom November um.

Das Entscheidende sei, dass diese Lohnuntergrenze nicht politisch festgesetzt werde, sondern „ein marktwirtschaftlich organisierter Mindestlohn“ sei, sagte von der Leyen weiter. Unions-Fraktionsvize Michael Fuchs sagte, für ihn sei wichtig, „dass die Tarifautonomie in voller Gänze erhalten bleibt“. Nach dem Unionsmodell soll ein Schlichter entscheiden, falls sich die Kommission aus Arbeitgebern und Gewerkschaftern nicht auf eine Lohnuntergrenze verständigen kann. Können sich beide Seiten nicht auf einen solchen Schlichter einigen, soll dieser per Los bestimmt werden.

FDP-Chef Philipp Rösler verwies auf den Koalitionsvertrag, in dem ein gesetzlicher Mindestlohn nicht vorgesehen ist: „Für die Koalition ändert sich nichts.“ Der Wirtschaftsminister betonte, die soziale Marktwirtschaft und die Tarifhoheit von Gewerkschaften und Arbeitgebern hätten sich gerade in der Euro-Schuldenkrise bewährt. Diesen Weg solle die Regierung weitergehen. Auch FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle sagte: „Es gilt das, was im Koalitionsvertrag steht.“ Derzeit habe der Arbeitsmarkt ganz andere Probleme. Es gehe darum, in vielen Branchen genügend Arbeitskräfte zu bekommen.

Der hessische FDP-Landesvorsitzende Jörg-Uwe Hahn kritisierte die Mindestlohn-Pläne der CDU indes scharf. „Das Modell der Union läuft im Ergebnis auf eine Zwangsvergewerkschaftung weiter Bereiche hinaus und verstößt schon deshalb gegen Grundprinzipien unseres erfolgreichen Wirtschaftsmodells“, sagte Hahn „Handelsblatt Online“. Die Union müsse „einsehen, dass sie sich in einer Koalition mit einer liberalen Partei befindet, die sich der sozialen Marktwirtschaft verpflichtet fühlt“.

Der DGB-Vorsitzende Michael Sommer verlangte erhebliche Nachbesserungen von der Union. Der Vorschlag sei „völlig ungenügend“ kritisierte er. „Wir brauchen in Deutschland einen gesetzlichen Mindestlohn von mindestens 8,50 Euro in der Stunde, der alle darunter liegenden Löhne kassiert.“ Die stellvertretende SPD-Vorsitzende Manuela Schwesig sagte in Schwerin: „Der Vorschlag ist ein Pseudo-Mindestlohn und damit eine Mogelpackung.“ Das CDU-Konzept werde nur in Bereichen ohne Tariflöhne wirksam und blende damit 13 Prozent aller Arbeitnehmer aus, die für Tariflöhne unter 8,50 Euro je Stunde beschäftigt seien, wie etwa Friseurinnen.

Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt sah in dem Modell „nichts anderes als einen gesetzlichen Mindestlohn“. Hundt begrüßte die Haltung Röslers. Der CDU-Sozialpolitiker und Vertreter des Arbeitnehmerflügels seiner Partei, Karl-Josef Laumann, sprach hingegen von einem großen Erfolg. Laumann hatte im vergangenen Herbst die Debatte in der CDU über eine neue Mindestlohnregelung angestoßen.

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