SPD will Möglichkeit des Doppelpasses deutlich ausweiten

Berlin (dpa) - Vor wenigen Wochen haben sich Union und SPD auf eine Neuregelung der doppelten Staatsbürgerschaft geeinigt - schon steht die Vereinbarung im Koalitionsvertrag wieder infrage.

SPD will Möglichkeit des Doppelpasses deutlich ausweiten
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Die SPD will mehr doppelte Staatsbürgerschaften ermöglichen als mit der Union im Koalitionsvertrag vereinbart. Die Migrationsbeauftragte und stellvertretende Parteivorsitzende Aydan Özoguz möchte die bisherige Regelung „vollständig“ aufheben. Der „Welt am Sonntag“ sagte sie: „Auf der Kabinettsklausur in Meseberg haben wir alle übereingestimmt, dass das Gesetz jetzt unverzüglich kommen muss. Die Optionspflicht muss komplett abgeschafft werden.“ Mehrere SPD-Länderinnenminister schlossen sich der Haltung an.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sagte der türkischsprachigen Tageszeitung „Hürriyet“, man wolle die durch die bisherige Regelung geschaffenen Konflikte und Probleme - etwa zwischen Eltern und Kindern - lösen. Dazu „wollen wir ein Gesetz machen, nach dem sich in Deutschland geborene und aufgewachsene Kinder ausländischer Eltern künftig nicht mehr zwischen der deutschen und ihrer anderen Staatsangehörigkeit entscheiden müssen, wenn sie volljährig werden“.

De Maizière fügte hinzu: „Dieser Gesetzentwurf wird einer der ersten sein, den ich vorlege.“ In Fällen, bei denen in der Zwischenzeit die Ausbürgerung drohe, versuchten die Länder zu helfen. „Wir müssen sehen, ob wir für bestimmte Fälle eine Härtefallregelung finden können.“ Mehrere SPD-regierte Länder haben bereits laufende Optionsverfahren auf Eis gelegt.

Nach der bislang geltenden Optionspflicht müssen sich in Deutschland geborene Kinder von Migranten, die mit der Geburt zunächst den deutschen und einen anderen Pass bekommen, bis zum 23. Geburtstag für eine Staatsangehörigkeit entscheiden. Legen sie sich nicht fest, geht der deutsche Pass automatisch verloren. Betroffen sind vor allem Deutschtürken. Einige hatten sich zunächst für die deutsche Staatsangehörig entschieden, wollten aber später auch die türkische erlangen. Auch in diesen Fällen erlischt die deutsche Staatsbürgerschaft automatisch wieder.

Der innenpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Volker Beck, kritisierte die Optionspflicht als integrationspolitisch verfehlt. „Wer in der Vergangenheit seine deutsche Staatsangehörigkeit verloren hat, soll sie gebührenfrei und unbürokratisch wieder erhalten können.“ Der neue Migrationsbericht weise nach, dass bei einer Einbürgerung heute schon mehr als die Hälfte der Migranten auch die doppelte Staatsbürgerschaft erhalten - etwa wegen bilateraler Vereinbarungen mit vielen Staaten.

Etliche SPD-Länderminister kritisieren, dass die Optionspflicht laut Koalitionsvertrag nur für „in Deutschland geborene und aufgewachsene“ Kinder ausländischer Eltern abgeschafft werden soll. Schleswig-Holsteins Innenminister Andreas Breitner (SPD) sagte der „Welt am Sonntag“: „Das Staatsangehörigkeitsrecht kennt im Zusammenhang mit dem Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit nicht die Kategorie „aufgewachsen“.“ Kiel will voraussichtlich Anfang Februar eine Bundesratsinitiative zur Abschaffung des Optionszwangs vorlegen.

Niedersachsens Ressortchef und Sprecher der SPD-Innenminister, Boris Pistorius, erklärte in der Zeitung, sein Bundesland werde „sich für eine vollständige Abschaffung der Optionspflicht - ohne Wenn und Aber - einsetzen“. Ausschlaggebend sei das Kriterium „Geburt im Bundesgebiet“.

Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Stephan Mayer (CSU), verteidigte den Koalitionsbeschluss. Bei dem Gesetz sei es wichtig, „dass es für das Gewähren der doppelten Staatsbürgerschaft nicht ausreicht, wenn man lediglich in Deutschland geboren ist. Für mich ist eine Verwurzelung in der deutschen Gesellschaft notwendig“, sagte er der Zeitung.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) warnte vor Ressentiments gegenüber Zuwanderern. „Wir Deutschen haben nicht den geringsten Grund, Ressentiments gegenüber anderen zu schüren. ... Und wir sind darauf angewiesen, dass Arbeitskräfte zu uns kommen“, sagte er der „Bild am Sonntag“.

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