Wirbel um Posten in der GroKo SPD in der Krise: Gabriel muss mit Ablösung rechnen

Berlin (dpa) - Trotz des Verzichts von Martin Schulz auf das Amt des Außenministers in einer großen Koalition scheint Amtsinhaber Sigmar Gabriel nicht auf ein Weitermachen hoffen zu können.

Wirbel um Posten in der GroKo: SPD in der Krise: Gabriel muss mit Ablösung rechnen
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„Sigmar Gabriel ist ein guter Außenminister gewesen“, sagte der SPD-Vizevorsitzende Ralf Stegner in den ARD-„Tagesthemen“. „Er hat das ein gutes Jahr gemacht.“ Wie die Deutsche Presse-Agentur aus Parteikreisen erfuhr, hat sich Gabriel mit seinen jüngsten, gegen Schulz gerichteten Aussagen extrem geschadet. Da zudem auch sein Verhältnis zur designierten neuen SPD-Vorsitzenden Andrea Nahles als stark belastet gilt, werden ihm kaum noch Chancen eingeräumt.

Als mögliche Kandidaten gelten zum Beispiel Justizminister Heiko Maas und Familienministerin Katarina Barley. Schulz hatte am Freitag nach massivem Druck seiner Partei den Verzicht auf ein künftiges Regierungsamt erklärt. Nach Abschluss der Koalitionsverhandlungen von Union und SPD am Mittwoch hatte er noch Anspruch auf den Posten des Außenministers erhoben - obwohl er nach der Bundestagswahl ausgeschlossen hatte, in ein Kabinett von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) einzutreten.

Allerdings hatte er da schon wegen der Kritik an seiner Person und des Absturzes in Umfragen auf 17 Prozent den Verzicht auf den Parteivorsitz erklärt. Gabriel warf Schulz daraufhin Wortbruch vor - kolportiert wird, dass Schulz ihm vor einem Jahr zugesichert habe, bei einer erneuten großen Koalition Außenminister bleiben zu können.

Da es wegen des Wortbruchs massiven Widerstand in der SPD gab und sich dies negativ beim Mitgliedervotum über den Eintritt in eine erneute große Koalition auszuwirken drohte, erklärte Schulz auch den Verzicht auf das Regierungsamt. Ihm bleibt nur der Sitz im Bundestag.

Besonders bitter stieß in der SPD eine Aussage Gabriels über Schulz auf, die er in den Zeitungen der Funke-Mediengruppe seiner Tochter in den Mund legte. Sie habe gesagt: „Papa, jetzt hast Du doch mehr Zeit mit uns. Das ist doch besser als mit dem Mann mit den Haaren im Gesicht“.

Unterdessen wird mit Spannung ein Auftritt von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in der ZDF-Sendung „Berlin direkt“ am Sonntag erwartet. Sie ist in den eigenen Reihen schwer unter Druck geraten, weil sie trotz des 20-Prozent-Ergebnisses der SPD bei der Bundestagswahl den Sozialdemokraten sechs Ministerien überlassen will, darunter die Schlüsselressorts Außen, Finanzen und Arbeit/Soziales.

Hamburgs CDU-Chef Roland Heintze sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Beim Zuschnitt der Ministerien hätte ich mir gewünscht, dass das Finanzministerium bei uns bleibt.“ Unionsfraktionschef Volker Kauder zeigte Verständnis für die Unzufriedenheit. Die SPD habe aber nicht nachgegeben, sagte er der „Passauer Neuen Presse“. „Wenn die Koalitionsverhandlungen und die Regierungsbildung am Ende an der Frage von Posten gescheitert wären, hätten uns die Bürger eher für verrückt erklärt.“

Für den Posten des Finanzministers ist Hamburgs SPD-Regierungschef Olaf Scholz vorgesehen. Der bekannte sich zur „Schwarzen Null“, einem ausgeglichenen Haushalt ohne neue Schulden. „Bei allen zusätzlichen Wünschen müssen wir genau schauen, was wir uns leisten können und was nicht“, sagte Scholz dem „Spiegel“. Die neue Bundesregierung sei dafür „auf zusätzliches Wachstum und daraus entspringende Steuermehreinnahmen angewiesen“.

Nach dem Drama um Martin Schulz kritisierte dessen Schwester die übrige Führungsriege der SPD scharf. Die SPD habe sich im Umgang mit ihrem Bruder als „echte Schlangengrube“ erwiesen, sagte die Sozialdemokratin Doris Harst der „Welt am Sonntag“. „Andrea Nahles, Olaf Scholz und andere machen ihn zum Sündenbock für alles“, so Harst. „Mein Bruder ist nur belogen und betrogen worden.“ Deshalb sei nach seiner erfolgreichen Zeit in Brüssel, „die Schlangengrube Berlin, die er völlig unterschätzt hat“, nichts für ihn gewesen.

Nahles wird von Schulz den SPD-Vorsitz übernehmen, aber erst nach dem Votum der rund 463 000 SPD-Mitglieder (20. Februar bis 2. März) über den ausgehandelten Koalitionsvertrag. Der Juso-Vorsitzende Kevin Kühnert will mit einer am Freitag in Sachsen gestarteten bundesweiten Werbetour für die Ablehnung der großen Koalition werben - weil das eigene Profil sonst immer weiter verwässert würde. Mithilfe einer Computeranalyse ermittelte aber das Unternehmen ThingsThinking, dass fast 70 Prozent des Vertragstexts Forderungen der SPD entsprechen, wie die „Heilbronner Stimme“ meldete.

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