Apple Schneider: "Alle Hebel in Bewegung setzen"

SPD-Finanzexperte Schneider: Apple-Rückzahlungen an Deutschland prüfen

 Der Technologiekonzern Apple muss nach einem Beschluss der EU-Kommission rund 13 Milliarden Euro an Steuervergünstigungen zurückzahlen.

Der Technologiekonzern Apple muss nach einem Beschluss der EU-Kommission rund 13 Milliarden Euro an Steuervergünstigungen zurückzahlen.

Foto: Peter Kneffel

Berlin. Der Technologiekonzern Apple muss nach einem Beschluss der EU-Kommission rund 13 Milliarden Euro an Steuervergünstigungen zurückzahlen. Bekommt auch Deutschland davon etwas ab? Der SPD-Finanzexperte und stellvertretenden Fraktionsvorsitzende Carsten Schneider ist für eine sorgfältige Prüfung. Mit ihm sprach unser Berliner Korrespondent Stefan Vetter:

Herr Schneider, Apple drückt seine Steuern in Irland auf 0,005 Prozent, derweil schon ein Facharbeiter in Deutschland beim Spitzensteuersatz von 42 Prozent landen kann. Ist der Ehrliche der Dumme?

Carsten Schneider: Es macht auch mich wütend, wenn ich sehe, dass sich multinationale Konzerne in Komplizenschaft mit einigen wenigen EU-Ländern vor der gemeinschaftlichen Finanzierung des Staates drücken. Dabei haben auch Unternehmen einen Wettbewerbsnachteil, die fair ihre Steuern zahlen. Deshalb hat die EU-Kommission jetzt auch eingegriffen.

Irland ist ohnehin ein Steuerparadies, das Apple durch ein spezielles Steuersparmodell für sich noch paradiesischer gestalten konnte. Wie ist so etwas überhaupt möglich?

Carsten Schneider: Leider haben wir eine Steuerautonomie in der Europäischen Union. Das heißt, Steuerpolitik ist eine nationale Angelegenheit. Das muss sich ändern, und es hat sich ja auch schon manches geändert. Ein Deal zur Steuervermeidung, wie er zwischen der irischen Regierung und Apple gelaufen ist, ist heute nicht mehr möglich. Alle Länder, die solche Steuervermeidungssysteme geschaffen haben, aber auch alle Unternehmen, die davon profitieren, werden sich warm anziehen müssen.

Und was ist mit dem Problem, dass ein Konzern wie Apple seine in ganz Europa erzielten Gewinne nur in einem einzigen Land versteuern kann?

Carsten Schneider:
Gegen das grenzüberschreitende Verschieben von Gewinnen gibt es bereits die so genannte BEPS- Initiative bei der OECD, an der auch Deutschland mitgewirkt hat. Allerdings ist sie noch nicht in nationales Recht umgesetzt worden. Bei bestimmten Staaten wie Irland, den Niederlanden oder Luxemburg ist eine Verzögerungshaltung erkennbar, der auch Wolfgang Schäuble stärker entgegenwirken muss.

Könnte Deutschland nach dem Strafbescheid für Apple Nachzahlungen fordern? Schließlich macht der Konzern auch bei uns satte Gewinne.

Carsten Schneider: Es wird die Aufgabe von Wolfgang Schäuble sein, das genau zu prüfen. Dazu muss sich auch das zuständige Bundeszentralamt für Steuern mit der EU-Kommission verständigen. Wenn es möglich ist, von den Nachzahlungen durch Apple einen Teil nach Deutschland zurückzuholen, dann müssen wir alle rechtlichen Hebel dafür in Bewegung setzen.

Brauchen wir eine Mindestbesteuerung in Europa?

Carsten Schneider: Gerade der Fall Apple lehrt, dass wir eine Mindestbesteuerung in Europa brauchen. Wir haben praktisch eine Haftungsgemeinschaft über die Europäische Zentralbank. Schon deshalb muss auch das Einstimmigkeitsprinzip in der Steuerpolitik fallen, mit der eine solche einheitliche Mindestbesteuerung bislang verhindert wird. Nötig ist auch eine einheitliche steuerliche Bemessungsgrundlage für die Unternehmen. Hier muss Deutschland ebenfalls voran gehen.

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