Schleswig-Holstein-Wahl: Farbenspiele im hohen Norden

Von einer „Dänen-Ampel“, weiteren Dreier-Bündnissen bis zu einer großen Koalition erscheint alles möglich.

Kiel. Rot-Grün und die Minderheitenpartei SSW in einer Regierungskoalition, Torsten Albig als SPD-Ministerpräsident — für diese „Dänen-Ampel“ könnte es in Schleswig-Holstein haarscharf reichen. Kommt es so, würde die SPD nach siebenjähriger Pause wieder den Ministerpräsidenten stellen. Denkbar sind außer einem solchen Bündnis und einer großen Koalition aber auch Bündnisse aus CDU/Grünen/FDP oder SPD/Grünen/FDP.

Albig sagte am Abend: „Wir werden zeigen: Eine Schleswig-Holstein-Ampel ist gut für das Land.“ Wenn es irgendwie geht, werden wir starke Einstimmen-Mehrheiten organisieren, und die halten fünf Jahre. Das verspreche ich Euch. Denn wir können auch Einstimmen-Mehrheiten.“

Beide Spitzenkandidaten haben ihre Ziele klar verfehlt. Albig wollte 40 Prozent erreichen, sein Konkurrent, CDU-Spitzenkandidat Jost de Jager mit der CDU mit Abstand stärkste Kraft werden. Aber immerhin hat Albig gegenüber dem SPD-Ergebnis von 2009 deutlich zugelegt und auch den aktuellen Umfragewert der Bundespartei um einiges übertroffen.

Die FDP mit Vormann Wolfgang Kubicki (60) jubelte über ihr unerwartet starkes Ergebnis. Noch als die Liberalen tief im Umfragekeller waren, hatte er ein Ergebnis nahe neun Prozent prophezeit. Er behielt Recht. Die einjährige Niederlagen-Serie der FDP bei Wahlen ist gestoppt.

Die Grünen mit Spitzenkandidat Robert Habeck landeten über 13 Prozent, die Piraten über acht Prozent — beide im Bereich des Erwarteten. „Egal wie das Ergebnis aussehen wird: Ich war saustolz, für euch Spitzenkandidat sein zu dürfen in diesem geilen Wahlkampf“, rief Habeck seinen jubelnden Anhängern zu. Die Piraten mit ihrem 23 Jahre alten Vormann Torge Schmidt waren seit langem zuversichtlich für die Parlaments-Premiere.

Rot-Grün plus SSW mit Spitzenkandidatin Anke Spoorendonk (64) — das wäre die Neuauflage eines Versuchs unter etwas anderen Vorzeichen. 2005 stand die „Dänen-Ampel“ schon — mit dem Unterschied, dass der SSW anders als heute noch nicht direkt mitregieren wollte, sondern nur eine rot-grüne Minderheit tolerieren. Das Konstrukt mit der hauchdünnen Mehrheit scheiterte, weil SPD-Amtsinhaberin Heide Simonis bei der Ministerpräsidenten-Wahl eine Stimme aus dem eigenen Lager fehlte.

Der Unterschied zu damals: Die Opposition ist diesmal nicht so geschlossen, denn Albig hätte dort noch die Piraten in der Reserve, von denen er in dem einen oder anderen Fall Stimmen erhoffen könnte. Eine „Dänen-Ampel“ würde aber auch diesmal kein leichtes Unterfangen. In der Haushalts-, Verkehrs- und Industriepolitik sind durchaus ernste Differenzen zu bewältigen. SPD und SSW sind um einiges ausgabefreudiger als die Grünen, deren Bereitschaft zur Sanierung des maroden Landeshaushalts selbst CDU und FDP gelobt haben.

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