Idee Reiche Verkehrsrowdys sollen mehr zahlen

Der Bundesrat beschäftigt sich am Freitag mit der Initiative des Landes Niedersachsen. Experten sind skeptisch. Reiche Verkehrsrowdys sollen mehr zahlen

Wer mehr verdient, soll auch mehr zahlen - so lautet der niedersächsische Vorschlag zur Bestrafung von Verkehrsrowdys.

Wer mehr verdient, soll auch mehr zahlen - so lautet der niedersächsische Vorschlag zur Bestrafung von Verkehrsrowdys.

Foto: dpa

Berlin. Das wäre eine Art Revolution im Kampf gegen Verkehrsrowdys: Wer mehr verdient, soll künftig auch mehr bezahlen, wenn er einen Regelverstoß im Straßenverkehr begeht. Der Bundesrat wird sich am Freitag auf Antrag des Landes Niedersachsen mit der Einführung einer "einkommensabhängigen Staffelung der Bußgelder" beschäftigen. Experten sehen in dem Vorhaben allerdings nicht nur Vorteile.

Konkret heißt es in dem Antrag an die Länderkammer, die derzeit geltenden Bußgelder würden zwar für Menschen mit geringem Verdienst "eine hohe Sanktionswirkung entfalten", aber von Personen, "die über ein höheres Einkommen verfügen, kaum wahrgenommen". Der Abschreckungseffekt bei Gutverdienern trete "nicht oder nur gering" ein. Niedersachsen plädiert deshalb dafür, die Höhe der Bußgelder den unterschiedlichen Einkommen der Täter anzupassen - ähnlich dem Tagessatzsystem im Strafrecht. Dem Land schweben pauschale Beträge auf Grundlage von Einkommenskorridoren vor.

Reiche Raser zahlen dann beispielsweise bei Tempoverstößen mehr als arme Verkehrsrowdys. Bisher sind die Strafen für zu schnelles Fahren hierzulande vergleichsweise milde. Während bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung von rund 20 Kilometern pro Stunde in Deutschland bis zu 35 Euro fällig werden, muss man laut ADAC in Norwegen mindestens 420 Euro, in Schweden 270 Euro und in Italien 170 Euro Bußgeld zahlen. Abschreckung pur.

Darüber hinaus will Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) besonders gefährliche Verkehrsdelikte für alle deutlich härter bestrafen. Wenn von dem Regelverstoß eine besondere Gefahr ausgeht - zum Beispiel zu schnelles Fahren innerhalb einer Baustelle - sollen sich die Bußgelder automatisch verdoppeln. Auch Fahrverbote soll es in Zukunft schneller geben. Hintergrund ist der Anstieg der Zahl der Verkehrstoten auf 3459 in 2015, 100 mehr als noch 2014.

Die deutsche Polizeigewerkschaft begrüßte den Grundgedanken, die Strafzahlungen drastisch zu erhöhen. "Die Unterscheidung zwischen Normal- und Gutverdienern dürfte aber bei mehr als vier Millionen Bußgeldverfahren für die Verwaltung fast unmöglich zu stemmen sein", sagte Gewerkschaftschef Rainer Wendt unserer Redaktion. "Zumal wir immer noch die Fahrer ermitteln müssen mangels Halterhaftung."

Der Verkehrsexperte der Unionsfraktion, Ulrich Lange (CSU), betonte auf Nachfrage, es gehe um standardisierte Massenverfahren. "Schulden, Vermögen, Unterhaltsverpflichtungen und weitere Aspekte wären dann ebenfalls zu prüfen. Dazu müssten wir die Bürokratie und den Verwaltungsaufwand massiv erhöhen." Er halte es daher "für nicht realistisch", einkommensabhängige Sanktionen einzuführen.

Vom Tisch ist das Vorhaben deshalb nicht. Nach Einbringung des Antrags in den Bundesrat am Freitag werden die Fachausschüsse der Länderkammer die Details beraten. Dem Vernehmen nach will überdies die Innenministerkonferenz die Pläne erneut bei ihrem Treffen Ende November in Saarbrücken erörtern.

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