Verkehr Pseudo-Knöllchen vom Supermarkt: Wann Falschparker zahlen müssen

Das Verkehrsunternehmen Rheinbahn und Supermärkte nehmen Falschparker in die Pflicht, obwohl sie offiziell keine Knöllchen schreiben dürfen. So gehen sie vor.

Verkehr: Pseudo-Knöllchen vom Supermarkt: Wann Falschparker zahlen müssen
Foto: Rheinbahn

Düsseldorf. Die Rheinbahn verteilt Knöllchen gegen Falschparker. Ein Supermarkt schreibt Knöllchen für Falschparker auf seinem Parkplatz. So ist es immer wieder zu hören und zu lesen. Und doch ist das nicht korrekt. Jedenfalls, wenn man mit „Knöllchen“ den Verwarnzettel meint, mit dem dem Falschparker ein Verwarnungsgeld aufgebrummt wird. Denn dies ist eine hoheitliche Tätigkeit. Und dazu ist weder das Nahverkehrsunternehmen noch ein Supermarktbetreiber ermächtigt. Trotzdem kann ein Falschparker in beiden Fällen zur Kasse gebeten werden:

Verkehr: Pseudo-Knöllchen vom Supermarkt: Wann Falschparker zahlen müssen
Foto: dpa

Die Rheinbahn schreibt zwar auf ihrer Internetseite, dass sie seit 15. Juni „Knöllchen verteilt“. Auf Nachfrage erklärt Sprecher Georg Schumacher jedoch, dass der Verkehrsbetrieb nicht selbst die Verwarnung schreibt. Vielmehr kommt ein Verkehrsmeister der Rheinbahn, der durch den Bus- oder Bahnfahrer über einen Falschparker informiert wird, schnell zum Ort des Geschehens. Dort dokumentiert er den Fall mit Zeit- und Ortsangabe sowie Fotos. Diese Dokumentation geht ans Ordnungsamt und ist für dieses die Grundlage, dem Falschparker das Knöllchen zuzuschicken.

Schumacher erklärt, dass es um die Fälle geht, die unterhalb der Schwelle liegen, ab der man einen Falschparker abschleppen lassen darf. „Zum Beispiel, wenn ein Falschparker an einer Haltestelle auf der schraffierten Fläche steht. Da passiert es, dass eine Tür der Bahn nicht zu benutzen ist — und wenn dann eine Frau mit Kinderwagen nicht aussteigen kann, ist das sehr ärgerlich.“

Bisher sei dies für den Falschparker oft ohne Folgen geblieben, weil der Bahnfahrer die Fahrt habe fortsetzen können und müssen. Nun aber will man sich diese Verstöße nicht länger gefallen lassen und arbeitet in der beschriebenen Art mit dem Ordnungsamt zusammen. Am Tag gebe es fünf bis zehn solcher Fälle, sagt Schumacher.

Der Rheinbahn-Sprecher verweist darauf, dass es viel teurer für den Falschparker wird, wenn er abgeschleppt wird, etwa weil das Fahrzeug den Schienenweg blockiert. „Das macht ein Privatunternehmen, und das kostet dann um die 300 Euro.“ Allein im ersten Halbjahr 2017 wurden 200 Abschleppmaßnahmen eingeleitet, sagt Schumacher. Und: Je nach Fall könne noch eine Schadensersatzforderung der Rheinbahn dazukommen — wenn für die behinderte Bahn Ersatzbusse aus dem Betriebshof ausrücken müssen. Das kann für den Falschparker noch mal eine Zahlungspflicht in dreistelliger Höhe bedeuten.

Um nicht so viel Geld, sondern meist um 15 bis 30 Euro geht es in den Fällen, in denen Falschparker auf Supermarktplätzen zur Kasse gebeten werden. Damit zielt der Supermarkt auf Fremdparker, die nicht seine Kunden sind.

Auch hier sind es zwar keine „Knöllchen“ im herkömmlichen Sinne, weil weder der Supermarkt noch die von ihm eingeschaltete Parkraumüberwachungs-Firma hoheitliche Stellen sind. Dennoch kann ein solcher Anspruch gerechtfertigt sein — als Vertragsstrafe.

Rechtlich funktioniert das so: Der Fahrer, der sein Auto auf dem privaten Parkplatz abstellt, schließt damit einen Vertrag ab und akzeptiert die Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die eine Vertragsstrafe bei Überschreiten der Höchstparkdauer vorsehen. Bei einem Fremdparker, der länger bleibt, dürfte es schnell auffallen, wenn er die durch die Parkscheibe nachweisbare Zeit überschreitet.

Soll man sich dagegen wehren? Der Berliner Rechtsanwalt Thomas Hollweck ist Spezialist auf diesem Gebiet. Gegenüber unserer Zeitung sagt er, dass eine solche Vertragsstrafe nur wirksam werden könne, wenn auch das Schild so deutlich sichtbar sei, dass es nicht übersehen werden kann. Hollweck: „Ich betreue zahlreiche Fälle in diesem Bereich und konnte bislang immer eine außergerichtliche Lösung erzielen, so dass der Parkplatzwächter seine Forderungen fallen ließ.“

Um die Sache erst gar nicht eskalieren zu lassen, rät Hollweck: „Als erster Schritt kann immer der in den Supermarkt getan werden, in dem man eingekauft hat. Manchmal hat der Markt bereits ein Formular für den Parkplatzwächter bereit. Das füllt der Betroffene dann aus und legt seinen Einkaufsbeleg bei.“ Oft könne allein schon dadurch eine Stornierung der Vertragsstrafe bewirkt werden. Selbst wenn es ein solches Formular nicht gibt, könne das private Parkplatzunternehmen per E-Mail angeschrieben und der Einkaufsbeleg als Scan beigefügt werden. Auch dadurch komme es oft zu einer Stornierung, wenn der Parkplatzwächter sehe, dass es sich um einen Kunden gehandelt hat, der tatsächlich im Markt eingekauft hat, und nicht um einen Fremdparker.

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