Piratenchef Bernd Schlömer: „Die Kritik ernst nehmen“

Bernd Schlömer, Chef der Piraten, über die Krise seiner Partei und die Chancen für die Bundestagswahl.

Berlin. Ist die Kaperfahrt beendet? Bundesweit liegen die Piraten laut jüngsten Umfragen bei drei Prozent, bei der Landtagswahl in Niedersachsen holten sie 2,1 Prozent (siehe Grafik). Nach Ansicht des Vorsitzenden Bernd Schlömer wird der Einzug in den Bundestag im Herbst nicht leicht.

Herr Schlömer, haben die Piraten ihren Zenit überschritten?

Schlömer: Ich lasse mir die Piratenpartei von der Öffentlichkeit nicht schlechtreden. Es ist ganz natürlich, einmal Wahlen nicht zu gewinnen. Wir haben vier Wahlen nacheinander gewonnen, und jetzt müssen wir auch lernen, mit Niederlagen umzugehen. Wichtig ist, die Kritik der Bürger an uns ernst zu nehmen und nicht einfach abzutun. Die Bürger suchen nach neuen Modellen der Politik. Sie suchen nach Alternativen. Menschen möchten eine andere Politik und neue Standpunkte kennenlernen. Sie setzen auf stärkere Beteiligung und möchten Entscheidungen mitgestalten. Diese Versprechen können wir einlösen.

Trotzdem: Wie groß sind nach der Pleite bei der Niedersachsen-Wahl noch die Chancen für einen Einzug in den Bundestag?

Schlömer: Der Einzug in den Deutschen Bundestag war, ist und wird nicht leicht sein. In den letzten 30 Jahren war aber auch die Chance nie größer, dass eine neue Partei in den Deutschen Bundestag eintritt. Niemand hat behauptet, dass es leicht werden wird.

Aber wie wollen Sie die Partei fit bekommen? Es fehlt an Inhalten, und das Führungspersonal scheint heillos zerstritten.

Schlömer: Die Piraten haben ein breites Themenprogramm. Es reicht von Verbraucherschutzaspekten, über energiepolitische Positionen bis hin zu Vorschlägen zur Bekämpfung von Korruption und Lobbyismus in Politik, Verwaltung und Wirtschaft. Unsere selbstbestimmt und basisdemokratisch organisierten Arbeitsgruppen können auch mit Hilfe elektronischer Abstimmungsverfahren schnelle Positionierungen vornehmen. Und ich bin mir sicher, dass die wichtigen Führungskräfte der Partei, wie etwa Martin Delius, Christopher Lauer oder auch Bruno Kramm mit mir einer Meinung sind, dass es vorangehen muss.

Benötigen Sie als Vorsitzender mehr Beinfreiheit?

Schlömer: Ein Vortragsreisender wie Herr Steinbrück braucht vielleicht Beinfreiheit von der eigenen Partei. Ich bewege mich mit den vielen anderen Verantwortungsträgern und Spitzenkandidaten durch regelmäßige Rückkoppelung mit den Mitgliedern auf sicherem Grund.

Mit Blick auf die Bundestagswahl im Herbst droht jetzt ein Lagerwahlkampf. Wo stehen da die Piraten?

Schlömer: Es ist schwer, die Lager wirklich zu erkennen. Es gibt zu viel Übereinstimmung bei den Bundestagsparteien. Schwarz-Rot, Schwarz-Grün, Rot-Grün. Alles wirkt gleich. Die Grundlagen für die Strategie zur Bundestagswahl legen wir Anfang Februar in Leipzig. Wir können in jedem Fall frech und fordernd agieren. Wir sind unbelastet.

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