Kritik vom Anwaltverein Pilotprojekt zur Terrorabwehr durch Gesichtserkennung

Berlin. Im Berliner Bahnhof Südkreuz ist ein Test zur automatischen Erkennung von Fahrgästen gestartet. Mit Überwachungskameras und Computern wird seit Dienstag untersucht, ob die Gesichter von Passanten erkannt werden können.

Kritik vom Anwaltverein: Pilotprojekt zur Terrorabwehr durch Gesichtserkennung
Foto: dpa

Von dem Pilotprojekt versprechen sich Bundesinnenministerium, Bundespolizei und Bundeskriminalamt neue Erkenntnisse zur Abwehr möglicher Terrorakte. Mit der Technik soll es demnach möglich werden, Straftaten und Gefahren im Vorfeld zu verhindern. Datenschützer halten den Einsatz biometrischer Gesichtserkennungs-Programme für rechtswidrig.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) verteidigte den sechsmonatigen Test mit Freiwilligen. Das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung könne gestärkt werden. „Unsere öffentlichen Plätze müssen sicher sein!“, so der Minister. Videoüberwachung schrecke ab und helfe bei der Aufklärung von Straftaten.

Der technische Fortschritt dürfe bei den Sicherheitsbehörden nicht Halt machen, teilte de Maizière weiter mit. Die Polizei brauche nicht nur Personal und Befugnisse, sondern auch gute Ausrüstung und intelligente Technik. Durch Gesichtserkennungs-Systeme könnten bessere Ergebnisse für die Sicherheit der Bürger erzielt werden.

Der Innenminister will sich am 24. August die Erprobung der Technik in dem Bahnhof ansehen und das Projekt dann offiziell vorstellen.

Etwa 300 Testpersonen hatten sich für den Probelauf freiwillig gemeldet. Ihre Namen sowie Fotos der Gesichter wurden gespeichert. Drei Kameras filmen an einem Ein- und Ausgang sowie an einer Rolltreppe des großen Fern- und S-Bahnhofs. Per Computer werden die Aufnahmen mit den gespeicherten Fotos verglichen. Laut Ministerium werden drei unterschiedliche Systeme zur Gesichtserkennung eingesetzt.

Der Präsident des Deutschen Anwaltvereins, Ulrich Schellenberg, warnte, eine flächendeckende Gesichtserkennung auf öffentlichen Plätzen würde tief in die Grundrechte der Bürger eingreifen. Dafür gebe es keine rechtliche Basis.

Berlins Datenschutzbeauftragte Maja Smoltczyk verwies auf das „enorme Missbrauchsrisiko“. Das verfassungsrechtlich verbriefte Recht, sich unbeobachtet und anonym in der Öffentlichkeit zu bewegen, drohe ausgehöhlt zu werden. „Hinzu kommt, dass mit der Technik auch eine erhebliche soziale Kontrolle auf Menschen ausgeübt werden kann.“

Auch die Linke-Fraktion im Bundestag kritisierte das Projekt. In London werde diese Technik seit Jahren verwendet, habe aber nicht für mehr Sicherheit gesorgt. dpa

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