Ökostrom-Umlage steigt: Haushalten drohen Mehrkosten

Berlin (dpa) - Die deutschen Verbraucher müssen im kommenden Jahr mit drastischen Strompreissteigerungen von zehn Prozent und mehr rechnen.

Ein Grund dafür ist, dass die von allen Verbrauchern zu zahlende Umlage zur Förderung erneuerbarer Energien auf ein Rekordniveau von knapp 5,3 Cent je Kilowattstunde steigen wird. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Branchenkreisen. Zugleich wird wegen der Energiewende ein starker Anstieg der Netzentgelte erwartet. Insgesamt könnten die Stromkosten für einen Haushalt mit einem Verbrauch von 3500 Kilowattstunden um bis zu hundert Euro im Jahr steigen.

Offiziell wird die im Strompreis enthaltene Ökostrom-Umlage für 2013 am kommenden Montag von den vier Übertragungsnetzbetreibern bekanntgegeben. Sie sind für die Verwaltung des Kontos zuständig, über das die Vergütungen für Solar- und Windparks gezahlt werden. Da es sich Ende September mit 2,6 Milliarden Euro im Minus befand, war ein satter Anstieg absehbar. In Branchenkreisen hieß es, zwischen den Beteiligten habe man sich auf eine Umlage von 5,277 Cent geeinigt.

Im Vorjahr waren aber kurz vor der Veröffentlichung noch kleine Veränderungen vorgenommen worden. Sicher ist aber, dass die Umlage knapp unter 5,3 Cent liegen wird. Damit drohen Haushalten jährliche Mehrkosten von 50 bis 60 Euro nur durch die Ökostrom-Förderung. Bisher fallen für einen Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 3500 Kilowattstunden je nach Anbieter Stromkosten von rund 900 Euro pro Jahr an, rund 125 Euro davon macht bisher die Ökostrom-Förderung aus.

Die neue Umlage-Zahl gilt als Politikum, weil Kanzlerin Angela Merkel (CDU) im Zuge der Energiewende 2011 betont hatte, die Umlage solle auf dem bisherigen Niveau von 3,5 Cent stabilisiert werden. Diese als Versprechen verstandene Ankündigung wird nun ausgerechnet im Bundestagswahljahr Makulatur.

Im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ist festgelegt, dass Betreiber von Wind- und Solarparks, Biogasanlagen und Wasserkraftwerken auf 20 Jahre garantierte feste Vergütungssätze für ihren Strom bekommen. Diese Zahlungen liegen über den Marktpreisen und werden über die Umlage auf die Strompreise der Bürger abgewälzt.

Weil auch die Netzentgelte für die Stromautobahnen wegen immer häufiger notwendig werdender Eingriffe zur Aufrechterhaltung einer sicheren Stromversorgung um bis zu 40 Prozent steigen werden, ist kommendes Jahr mit deutlich steigenden Strompreisen zu rechnen. Details hierzu werden ebenfalls am Montag bekannt gegeben.

Der größte Energieversorger in Ostdeutschland, enviaM, rechnet mit neuen Strompreisrekorden. In ganz Deutschland sei ab Januar 2013 mit einem „historischen“ Anstieg zu rechnen, kündigte Vertriebsvorstand Andreas Auerbach am Mittwoch in Chemnitz an. Der Preis werde um mindestens zehn Prozent höher liegen. Auch das Vergleichsportal toptarif.de geht von solchen Größenordnungen aus.

SPD, Grüne und Linke machen die Ausweitung von Rabatten bei der EEG-Umlage für Unternehmen mit hohem Stromverbrauch für die massive Steigerung mitverantwortlich. Auch diese Milliardenentlastungen müssen die Verbraucher mitschultern. Die Opposition fordert eine Überprüfung der Rabatte. Die FDP hat zum Abfedern der Steigerungen eine Senkung der Stromsteuer ins Spiel gebracht und fordert zudem, die Förderung erneuerbarer Energien zu begrenzen. Wohlfahrtsverbände fordern Sondertarife für sozial Schwache oder höhere Hartz-IV-Sätze.

Wenn die Strompreise im Jahr der Bundestagswahl stark zulegen, dürfte die Energiewende ein Wahlkampfthema werden. Umweltminister Peter Altmaier (CDU) hat zur Minderung der Stromrechnungen eine Stromsparinitiative gestartet. Er will, dass alle Haushalte bis 2020 eine Energieberatung bekommen. Das Angebot soll nach Möglichkeit kostenlos sein. Details zur finanziellen Ausstattung des Projekts sollen in den anstehenden Haushaltsberatungen geklärt werden.

Markus Kerber, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), forderte eine grundlegende Reform bei der Förderung erneuerbarer Energien. „Das EEG stößt an seine Grenzen, die Kosten geraten außer Kontrolle. Alle bisherigen politischen Versuche einer Kostenbegrenzung sind misslungen.“ Nun sei die Zeit reif für konkrete Vorschläge der Bundesregierung, betonte Kerber.

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