Neuer Anlauf für Hartz-Kompromiss

Berlin (dpa) - Unmittelbar vor der Wiederaufnahme der Kompromiss-Gespräche zur Hartz-IV-Reform hat die SPD Hoffnungen auf eine rasche Verständigung gedämpft.

„Das sind bestenfalls Mini-Schritte, mit denen sich die Union bewegt“, sagte SPD-Verhandlungsführerin Manuela Schwesig am Donnerstag der Nachrichtenagentur dpa. Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) rief ihrerseits SPD, Linke und Grüne zum Einlenken auf.

„Union und FDP haben bereits Entgegenkommen signalisiert - aber Verhandlungen sind keine Einbahnstraße, sondern zum Ergebnis gehören zwei Seiten, die sich auf neue Lösungswege einlassen“, sagte von der Leyen der dpa in Berlin. Die Opposition habe „immer wieder ihre Maximalforderungen deutlich gemacht“. Sie gehe davon aus, dass es in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe an diesem Freitag ernsthafte, ins Detail gehende Verhandlungen geben werde.

Über die Berechnung des Hartz-IV-Regelsatzes und des Bildungspakets für bedürftige Kinder streiten derzeit Bund und Länder in einer Arbeitsgruppe des Vermittlungsausschusses. Der Regelsatz soll nach dem Willen der Koalition um 5 Euro auf 364 Euro steigen. Die Reform war im Dezember im Bundesrat vorerst gescheitert.

Sie könne, so von der Leyen, „nur davor warnen, die Verhandlungen, in denen es eigentlich um ein Verfassungsgerichtsurteil für Kinder in Hartz IV geht, mit Milliarden-Forderungen für Schulpersonal und einen flächendeckenden Ausbau von Ganztagsschulen zu überfrachten“. Das alles sei „wünschenswert“. Aber es handele sich um eine hoheitliche Aufgabe der Länder, „übrigens auch solcher, die seit langem von der SPD regiert werden“, sagte von der Leyen.

An den Gesprächen der Arbeitsgruppe von Bund und Ländern nimmt an diesem Freitag erstmals auch ein Vertreter der Linkspartei teil. Die Partei hatte dazu das Bundesverfassungsgericht eingeschaltet, weil sie bislang zu den Treffen nicht eingeladen war und die „Ausgrenzung“ in Karlsruhe anfocht.

Für Schwesig, die auch stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende und Sozialministerin von Mecklenburg-Vorpommern ist, reichen die Zugeständnisse der Union nicht aus, um am Wochenende zu einem Ergebnis zu kommen. CSU-Chef Horst Seehofer hält eine Einigung dagegen für erreichbar. „Ich werde jedenfalls alles tun, um diese Einigung zu erreichen“, allerdings „nicht um jeden Preis“, sagte Seehofer in Wildbad Kreuth. Er sprach sich dafür aus, an den Hartz-IV-Regelsätzen nichts mehr zu ändern. Es dürfe nicht der Eindruck von „Geschachere“ entstehen.

Ein neuer Finanzierungsstreit im Rahmen der Hartz-IV-Reform ist offensichtlich entschärft, bevor er richtig entflammte - nämlich um die Frage, wer die Warmwasser-Kosten von Hartz-IV-Empfängern zahlt. Es gebe „positive Signale“ aus dem Bundesarbeitsministerium, dass die betroffenen Kommunen einen finanziellen Ausgleich erhalten, sagte ein Sprecher des Deutschen Landkreistages der dpa. Es gehe dabei um die „Begradigung eines existierenden Problems, und wir sind zuversichtlich, dass eine Lösung gefunden wird und uns kein Nachteil entsteht“.

Sollte der Bund die Warmwasserbereitung in Haushalten von Langzeitarbeitslosen künftig nicht mehr zum Regelsatz, sondern zu den Kosten der Unterkunft zählen, kämen auf die Kommunen nach Schätzungen des Landkreistages Zusatzkosten bis 400 Millionen Euro zu.

Der flächendeckende Ausbau der Sozialarbeit an Schulen würde nach Berechnungen des Bundesarbeitsministeriums zwischen 1,5 und 2,7 Milliarden Euro im Jahr kosten. Dies geht aus den Antworten des Ministeriums an den Vermittlungsausschuss hervor, die auch der dpa vorlagen.

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