Neue Probleme für Bundespräsident Wulff

Das Staatsoberhaupt soll der „Bild“-Zeitung gedroht haben. Das Bundespräsidialamt schweigt.

Berlin. Schweigen. Kein persönliches Wort. Vor allem: keines zu viel. Denn einige zu viel gesprochene Worte aus dem Munde des Bundespräsidenten kursierten gestern. Festgehalten auf einer Mailbox. Dieser Kontaktversuch des Staatsoberhauptes beim Chefredakteur der „Bild“-Zeitung, Kai Diekmann, könnte für Christian Wulff womöglich noch entscheidend werden in seinem Kampf um Amt und Würde. Denn Wulff soll etwas getan haben, was reichlich leichtsinnig ist, wenn man mit dem Rücken zur Wand steht: Er soll der Nummer eins des deutschen Boulevards gedroht haben.

Nach Medienberichten soll Wulff am 12. Dezember während einer Auslandsreise versucht haben, „Bild“-Chef Diekmann zu erreichen. Angeblich wollte Wulff mit dem Anruf die bevorstehende erste Veröffentlichung der „Bild“ über die umstrittene Kreditfinanzierung seines Privathauses durch eine befreundete Unternehmergattin verhindern. Doch der erste Mann im Staate erreichte demnach den ersten Mann des deutschen Boulevards nicht. Einen Tag später veröffentlichte „Bild“ die Geschichte.

Für die folgende Auseinandersetzung zwischen dem Staatsoberhaupt und dem Flaggschiff der Springer-Presse soll Wulff an diesem 12. Dezember einen womöglich folgenschweren Fehler gemacht haben: Statt aufzulegen oder einfach nur um einen Rückruf zu bitten, soll er Diekmann eine Nachricht auf dessen Mailbox hinterlassen haben. Angeblich habe Wulff, so heißt es, Diekmann mit dem „endgültigen Bruch“ gedroht. Sogar von „Krieg führen“ sei die Rede gewesen, und davon, dass der „Rubikon“ überschritten sei. „Bild“ selbst meldete, Wulff habe sich „empört über die Recherchen zu dem Hauskredit gezeigt“.

Interessant ist dieser Sachverhalt auch deshalb, weil Wulff nur zehn Tage später in seiner öffentlichen Erklärung zu dem zinsgünstigen 500 000-Euro-Kredit betont hat, die Presse- und Informationsfreiheit sei ein „hohes Gut in unserer freiheitlichen Gesellschaft“. Gerade Amtsträger hätten eine besondere Pflicht, ihre Entscheidungen zu erklären.

Immerhin soll Wulff nach dem ersten Versuch, Diekmann zu erreichen, bei diesem noch ein zweites Mal angerufen haben, um sein Bedauern für den ersten Kontaktversuch mitzuteilen. „Bild“ bestätigte gestern Medienberichte, wonach Wulff zunächst auch mit strafrechtlichen Konsequenzen für den verantwortlichen Redakteur gedroht habe.

Ein Vorgang, der den Bundespräsidenten noch stärker in Bedrängnis bringen könnte. Denn er würde das genaue Gegenteil von dem dokumentieren, was Wulff in seiner öffentlichen Erklärung doch so herausgestellt hatte: die Freiheit der Presse. In der schwarz-gelben Koalition will zumindest der FDP-Bundestagsabgeordnete Erwin Lotter nicht länger schweigen. Er fordert, wie schon im Dezember, Wulffs Rücktritt.

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