Netanjahu-Besuch: Gespräche unter keinem guten Stern

Israels Premier Netanjahu und Kanzlerin Merkel können ihren Streit um die Siedlungspolitik beilegen.

Berlin. Krach um die geplanten Siedlungen und einen Beschluss der Vereinten Nationen (Uno) — die jüngsten Regierungskonsultationen zwischen Deutschland und Israel in Berlin standen unter keinem guten Stern.

Am Ende suchte man aber, die Wogen zu glätten: Auch Meinungsverschiedenheiten, so der offizielle Tenor, könnten der tiefen Verbundenheit beider Länder nichts anhaben.

Das Berliner Regierungsviertel glich gestern einem Hochsicherheitstrakt. Mehr als 2000 Polizeibeamte waren im Einsatz, um Israels Premier Benjamin Netanjahu und seine Minister-Riege vor möglichen Anschlägen zu schützen. Sogar der Flugverkehr über der Hauptstadt war deshalb zeitweilig eingeschränkt worden.

Als die Gäste am Morgen nach ihrer Übernachtung in einem streng abgeschirmten Hotel in der Regierungszentrale eintrafen, herrschte so dichtes Schneetreiben, dass die aufgezogene Nationalflagge mit dem Davidstern kaum zu sehen war.

Anschließend sollte sich eigentlich alles um die Themen Innovation, Bildung und Nachhaltigkeit drehen. Doch dann wurde das Treffen kurzfristig von der aktuellen Nahost-Politik überschattet.

Der von Israel geplante Wohnungsbau in einem besonders brisanten Teil von Ost-Jerusalem sei eine „negative Botschaft“, hatte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zu Wochenbeginn offiziell über ihren Sprecher ausrichten lassen. Ein ungewöhnlich scharfer Rüffel an die Adresse Netanjahus.

Bei der gemeinsamen Pressekonferenz am Donnerstagnachmittag verzichtete Merkel zwar auf diese Formulierung. Aber sie wollte die Kontroverse auch nicht übertünchen: „In der Siedlungsfrage sind wir uns einig, dass wir uns nicht einig sind.“

Netanjahu wiederum hatte ebenfalls im Vorfeld der gemeinsamen Begegnung alle diplomatischen Gepflogenheiten über den Haufen geworfen und in einem Zeitungs-Interview Klartext gesprochen: Er sei „enttäuscht“ von Merkel, weil sich Deutschland bei der Abstimmung über einen Antrag Palästinas auf einen Beobachterstatus in der Uno der Stimme enthalten hatte, anstatt — wie von Israel erhofft — mit „Nein“ zu votieren.

Darauf angesprochen, suchte Netanjahu am Donnerstag seine Äußerung zu relativieren. Und auch sonst gab sich der Gast aus Jerusalem nach Einschätzung von Beobachtern ungewöhnlich zahm. Er dankte der Kanzlerin ausdrücklich für den „warmherzigen Empfang“, duzte sie demonstrativ und beschwor gleich mehrfach die Notwendigkeit einer Zwei-Staaten-Lösung, um den Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern zu lösen.

Dem traditionell engen Verhältnis zwischen beiden Ländern, das versicherten beide Regierungschefs, sollen die jüngsten Verstimmungen ohnehin keinen Abbruch tun.

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