Neonazi-Terroristen: Polizei bittet Bürger um Mithilfe

Ermittler müssen aus 2500 Beweisen Puzzle zusammensetzen.

Karlsruhe. Zum Schluss hatten die Neonazis der Zwickauer Zelle wohl einen gemeinsamen Tod geplant. Nach Angaben eines Zeugen sollen die drei mutmaßlichen Terroristen darüber gesprochen haben, was sie denn tun würden, wenn sie entdeckt werden.

„Da ist davon gesprochen worden, dass man dann wohl gemeinsam aus dem Leben scheiden würde. Dass man sich nicht in die Hand der Sicherheitsbehörden begeben will“, sagte BKA-Chef Jörg Ziercke gestern. So habe es ein Zeuge geschildert.

Als es dann soweit war, als Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt nach einem Banküberfall in der Falle saßen, in einem Wohnmobil, da erschoss Mundlos zunächst seinen Komplizen und dann sich selbst.

Beate Zschäpe hingegen, die Dritte im mutmaßliche Terror-Trio, setzte zwar die gemeinsame Wohnung in Brand, stellte sich dann aber der Polizei. So der bisherige Stand der Ermittlungen, wie ihn Bundesanwaltschaft und Bundeskriminalamt präsentierten.

Während Zschäpe und drei mutmaßliche Helfer der Gruppe in Untersuchungshaft sitzen, versuchen die Ermittler aus rund 2500 Beweisstücken das Puzzle des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) zusammenzusetzen. 420 Beamte aus Bund und Ländern sind bei den Ermittlungen im Einsatz, weitere 100 sollen noch hinzukommen.

Seit 1998 waren Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe untergetaucht. Sie benutzten falsche Namen, gefälschte Ausweispapiere, Pässe und BahnCards. „Mehrere Wohnungen wurden in diesen 13 Jahren angemietet. Dafür hatten sie Helfer und Unterstützer“, so Ziercke. Noch gebe es aber „zeitliche Lücken“.

Zwischendurch habe es Phasen gegeben, in denen die Untergetauchten „ganz normal am Leben teilgenommen haben“ — zum Beispiel bei Campingurlauben an der Ostsee. Zehn Morde, zwei Sprengstoffanschläge und mindestens 14 Banküberfälle schreiben die Ermittler der Gruppe zu. Derzeit prüfen sie, ob dem NSU weitere Taten zugeordnet werden können.

Über allem schwebt die Frage: Wie kann es sein, dass die Gruppe so lange untertauchen konnte, ohne dass sie entdeckt wurde? Auch Ziercke scheint etwas ratlos. „Letztlich fehlte der entscheidende Hinweis.“

Auch nach der Entdeckung der Terrorgruppe gab es nur knapp 250 Hinweise aus der Bevölkerung — ungewöhnlich wenig, meint der BKA-Chef. Auch deshalb gehen die Ermittler nun mit einem Fahndungsaufruf an die Öffentlichkeit.

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