Erfurt Nach Nazi-Konzert: Ramelow fordert Beschränkung des Versammlungsrechts

Nach einem Nazi-Konzert mit rund 6000 Menschen in Thüringen soll das Versammlungsrecht geändert werden. Die Polizei ermittelt zudem gegen Konzertbesucher, die den Hitler-Gruß gezeigt haben sollen.

Der neue Thüringer Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) will Rechtsrock-Konzerte nicht mehr durch das Versammlungsrecht abgedeckt haben. (Archivfoto)

Der neue Thüringer Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) will Rechtsrock-Konzerte nicht mehr durch das Versammlungsrecht abgedeckt haben. (Archivfoto)

Foto: Martin Schutt

Erfurt. Nach dem Nazi-Konzert in Thüringen soll das Versammlungsrecht geändert werden, um derartige Veranstaltungen künftig unterbinden zu können. Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) sagte im MDR, das Versammlungsrecht müsse so präzisiert werden, dass die Gerichte "diese Dinge nicht mehr unter Meinungsfreiheit abtun". Auch der Zentralrat der Juden setzte sich dafür ein, Rechtsrock-Konzerte nicht mehr als politische Demonstrationen einzustufen, die unter die Versammlungsfreiheit fallen.

An dem Konzert unter dem Motto "Rock gegen Überfremdung" hatten nach Polizeiangaben am Samstagabend rund 6000 Menschen teilgenommen. Bei verschiedenen Gegendemonstrationen wurden 500 Teilnehmer gezählt. Ein im Internet veröffentlichtes Video soll Konzertbesucher beim Zeigen des Hitlergrußes darstellen. Dazu hat die Thüringer Polizei Ermittlungen eingeleitet, wie sie auf Facebook mitteilte.

Vor der Veranstaltung waren mehrere Verbotsanträge gegen das Konzert gescheitert. Ramelow sagte dazu: "Da kann man ganz schön traurig und hilflos werden, wenn man sieht, dass sie - getarnt als Demonstration - ein riesiges Rechtsrockfestival abgehalten haben." Die Veranstalter hätten damit Geld für ihr Netzwerk verdient und Kosten an den Staat abgewälzt.

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, erklärte am Montag, die Versammlungsfreiheit sei zwar ein hohes Gut, das in einer Demokratie auf jeden Fall geschützt werden müsse. "Zugleich gilt es aber auch, einem Missbrauch dieser Freiheit vorzubeugen und unsere Demokratie zu schützen."

Die Gemeinde Themar habe sich tapfer gegen das Neonazi-Festival gewehrt, erklärte Schuster weiter. Es sei ihr aber rechtlich unmöglich gemacht worden, das Konzert zu verbieten. Dabei dienten diese Veranstaltungen den Rechtsextremisten dazu, sich zu vernetzen. "Insgesamt muss unsere Aufmerksamkeit für die rechtsextreme Musik-Szene viel höher sein", forderte Schuster.

Das Versammlungsrecht ist seit der Föderalismusreform von 2006 Ländersache. Somit hat Thüringens rot-rot-grüne Koalition die Möglichkeit, eine Verschärfung im Landtag zu beschließen. (AFP)

Meistgelesen
Neueste Artikel
BMS - Redakteur Stefan Vetter  in
Endlich Tempo
Bund und Länder wollen „beschleunigen“Endlich Tempo
Zum Thema
Aus dem Ressort