Misstrauensantrag gegen Wowereit gescheitert

Berlin (dpa) - Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) bleibt trotz des Desasters am geplanten Großflughafen im Amt. Der von der Opposition gestellte Misstrauensantrag scheiterte am Samstag im Abgeordnetenhaus an der Mehrheit der rot-schwarzen Koalition.

„Ich hatte keinen Zweifel, dass ich das Vertrauen der Mehrheit des Abgeordnetenhauses habe“, sagte Wowereit. „Alles andere wäre auch fatal gewesen.“

In der Sondersitzung stimmten 62 Abgeordnete für Wowereits Abwahl, aber 85 dagegen, darunter neben der geschlossenen rot-schwarzen Koalition auch der fraktionslose Abgeordnete Dirk Stettner (ehemals CDU). Für einen Sturz Wowereits wäre die Mehrheit der gewählten Abgeordneten nötig gewesen, also 75 Stimmen. Dann hätte es innerhalb von 21 Tagen eine Neuwahl geben müssen.

Die Opposition aus Grünen, Linken und Piraten wollte Wowereit nach elfeinhalb Amtsjahren zu Fall bringen. Sie macht ihn als Vorsitzenden des Flughafen-Aufsichtsrats für die inzwischen vierte Verschiebung des Eröffnungstermins und für die Kostenexplosion beim Bau mitverantwortlich. Die Probleme seien auch nach der Abstimmung nicht aus der Welt, sagte Oppositionsführerin Ramona Pop von den Grünen. „In den nächsten Wochen wird sich zeigen, ob Herr Wowereit noch die Kraft hat, sie anzugehen.“

Piraten-Fraktionschef Christopher Lauer erklärte, die Koalition habe ihren Regierenden mit einer „ungeheuren Arroganz“ verteidigt. „Das lässt vermuten, dass sie schlichtweg keine Alternative zu Wowereit haben.“ Grüne und Piraten überlegen nun, per Volksbegehren doch noch eine Neuwahl zu erzwingen. Dafür müsse aber die Stimmung in der Stadt stimmen, erklärte Pop. Laut einer Forsa-Umfrage für die Zeitung „B.Z.“ (Freitag) wünschen sich nur 37 Prozent der Berliner den Rücktritt des Regierungschefs.

Die rot-schwarze Koalition sieht sich dagegen sogar im Aufwind. „Wir gehen aus dieser Abstimmung gestärkt hervor“, sagte CDU-Fraktionschef Florian Graf. Der Berliner SPD-Chef Jan Stöß wertete das Ergebnis als „klares Signal für diese Regierung, für die Koalition, aber vor allem auch für Klaus Wowereit, weiter Verantwortung zu tragen“.

Wowereit hatte nach dem Flughafen-Schock alle Forderungen abgelehnt, als Regierungschef abzutreten. „Ich bin gewählt worden für die volle Legislatur und werde das Amt auch ausüben“, sagte er jetzt. Die immensen Probleme am Flughafen schrieb er vor allem dem Baubereich und der Technik zu.

In der kommenden Woche will Wowereit den Chefposten im Aufsichtsrat abzugeben. Auch der Sprecher der Geschäftsführung, Rainer Schwarz, wird gehen müssen. Zudem soll ein Finanzvorstand installiert werden.

Wowereits Posten soll nach bisheriger Planung Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) übernehmen, der deshalb am Montag im Brandenburger Landtag die Vertrauensfrage stellen will. Die Personalie ist allerdings umstritten. Einem „Focus“-Bericht zufolge soll er den Aufsichtsrat nur vorübergehend führen. In der Zwischenzeit solle diskret nach einem erfahrenen Experten gesucht werden. Brandenburgs Regierungssprecher Thomas Braune wies diese Darstellung am Samstag als „aus der Luft gegriffen“ zurück.

Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) sagte der „Bild am Sonntag“, für Wowereits Rücktritt vom Aufsichtsratsvorsitz habe er „Respekt“. Die Kritik aus der Union an der Berufung Platzecks teile er nicht. Externe Anwälte und Wirtschaftsprüfer sollten untersuchen, wer für das Airport-Desaster verantwortlich ist.

Einen neuen Termin für die Eröffnung des Flughafens wollte Wowereit am Samstag nicht nennen. Auch in der Vergangenheit hätte man besser keinen nennen sollen, sagte er nun rückblickend. Er zeigte sich aber zuversichtlich, dass der Flughafen noch in seiner Amtszeit an den Start gehen wird. Diese endet regulär 2016.

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