Beim Mikrozensus, der „kleinen Volkszählung“, werden sensible Daten abgefragt. Was tun, wenn man dem Interviewer nicht über den Weg traut?

Erhebungsbeauftragte – hier ein Symbolbild – gewinnen bei ihren Interviews zum Mikrozensus tiefen Einblick in die persönlichen Verhältnisse. Sie sind zur Geheimhaltung verpflichtet.
dpaErhebungsbeauftragte – hier ein Symbolbild – gewinnen bei ihren Interviews zum Mikrozensus tiefen Einblick in die persönlichen Verhältnisse. Sie sind zur Geheimhaltung verpflichtet.
Moers. Wie hoch ist Ihr Nettoeinkommen? Beziehen Sie eine Rente, Pension oder sonstige öffentliche Zahlungen? Haben Sie einen Nebenjob? Leisten Sie Überstunden? Wenn Sie weniger arbeiten als vertraglich vereinbart – warum? Welchen Abschluss haben Sie?
Sensible Fragen, fürwahr. Auf die man nicht jedem antworten mag. Schon gar nicht einem Unbekannten. Und doch zählen sie zu den 183 Fragen, deren Beantwortung sich die Teilnehmer am Mikrozensus nicht entziehen können. Verständlich, dass da unser Leser Heribert Freund (Name geändert) ein „mulmiges Gefühl“ hat. Soll er doch finanziell intimste Details ausgerechnet vor einem Mann ausbreiten, der im Hauptberuf Vermögensberater ist und den ihm das Statistische Landesamt „IT NRW“ als „Erhebungsbeauftragten“ zum gemeinsamen Ausfüllen des Fragebogens ankündigt.
Der Moerser gegenüber unserer Zeitung: „Weil ich neugierig bin, habe ich recherchiert, wer hinter dem Namen steckt, der mir da als Besucher angekündigt wurde. Ein Vermögensberater kann mit Informationen über meine Einkommensverhältnisse sehr viel anfangen. Selbst wenn er die Informationen nicht selbst nutzt, kann er sie doch an jemand anderen weitergeben.“
Wir haben „IT NRW“ mit diesen Bedenken konfrontiert, auf die eine Sprecherin der Behörde so antwortete:
Wie wird man überhaupt Erhebungsbeauftrager?
Die Ergebnisse des Mikrozensus sind Basis für politische und wirtschaftliche Entscheidungen. So geben die Antworten Auskunft darüber, wie die Situation Alleinerziehender ist oder wie sich die Arbeitsverhältnisse in der Gesellschaft entwickeln.
Ein Prozent der Bevölkerung werden nach einem Zufallsverfahren ausgewählt. In Nordrhein-Westfalen sind dies jährlich 76 000 befragte Haushalte. Es gilt eine Auskunftspflicht, bei Weigerung droht ein Zwangsgeld.
Die Daten aus den Erhebungsbögen werden in ein elektronisches Erfassungsprogramm eingegeben. Dabei werden die Antworten zu den gestellten Fragen getrennt von den identifizierenden Merkmalen (Name, Adresse) gespeichert.
Antwort: Die mit der Erhebung von Bundesstatistiken amtlich betrauten Personen müssen die Gewähr für Zuverlässigkeit und Verschwiegenheit bieten. Die Vorlage eines Führungszeugnisses, eines Lebenslaufes und eines ausgefüllten Personenfragebogens sind Voraussetzung.
Wie werden die Interviewer bezahlt?
Antwort: Die Erhebungsbeauftragten (aktuell sind es 320) werden ehrenamtlich eingesetzt und erhalten eine steuerfreie Aufwandsentschädigung. Die Höhe ist abhängig von der Anzahl der Haushalte je Auswahlbezirk, von den geführten Interviews und der Anzahl der schriftlich zu befragenden Haushalte.
Wie werden die ausgewählten Erhebungsbeauftragten geschult?
Antwort: Die Erhebungsbeauftragten werden in einer zweitägigen Schulungsveranstaltung umfassend in die Aufgaben eingewiesen. Eine Person wird nicht eingesetzt, wenn aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit oder aus anderen Gründen Interessenkonflikte möglich sein könnten (z. B. Beschäftigte der Polizei, Finanzverwaltung, Vollziehungs- und Vollstreckungsbeamte).
Wie beurteilen Sie den eingangs geschilderten Fall eines Vermögensberaters als Interviewer? Wird eine solche berufliche Funktion bei Rekrutierung des Erhebungsbeauftragten nicht bekannt oder ist das aus Ihrer Sicht unbedenklich?
Kommentar
Nicht bürgerfreundlich
Ausgerechnet ein Vermögensberater als Interviewer beim Mikrozensus – die Bedenken eines Teilnehmers an dieser Pflichtveranstaltung sind verständlich. Es geht um hochsensible Fragen, die er da beantworten soll. mehr
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