Merkel stützt Schavan: Rückendeckung mit Verfallsdatum?

Wie fest die Vertrauensbekundung der Kanzlerin ist, wird sich am Wochenende zeigen. Schavans Rücktritt könnte dann folgen.

Berlin. Eine Entscheidung, ob Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) wegen der Aberkennung ihres Doktortitels zurücktreten muss, wird möglicherweise am Wochenende fallen. Dann will Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit ihrer Ministerin das wahrscheinlich entscheidende Gespräch führen.

Vorerst hält die Kanzlerin zu ihrer politischen Freundin, die nach dem Verlust ihres Doktortitels ohne akademischen Titel da steht. Sie hatte vor ihrer Promotion keinen anderen Hochschulabschluss erworben.

Auffällig war, dass sich die Unterstützung für Schavan in Union und FDP zunächst in Grenzen hielt. Viele warteten offenbar die Stellungnahme Merkels ab. Zuerst äußerten sich nur CDU-Fraktionsvize Michael Kretschmer und der Ring Christlich-Demokratischer Studenten.

Beide mit heftiger Kritik am Verfahren der Düsseldorfer Uni, die darauf verzichtet hatte, weitere Experten in die Prüfung einzuschalten. „Gute wissenschaftliche Praxis hätte bedeutet, externe Gutachter zu holen“, sagte Kretschmer.

FDP-Generalsekretär Patrick Döring sagte, man müsse nun das gerichtliche Verfahren abwarten. Der bayrische Fraktionschef der Liberalen, Thomas Hacker, legte Schavan hingegen den Rücktritt nahe. Sie müsse an sich die gleichen Maßstäbe anlegen wie 2011 an Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU).

„Gerade wenn man sich gedanklich zurückholt, was Frau Schavan damals gesagt hat“, so Hacker. Schavan hatte im Februar 2011 zum Fall Guttenberg erklärt: „Als jemand, der selbst promoviert hat, schäme ich mich nicht nur heimlich.“

Aus der Opposition waren die Rücktrittsforderungen einhellig. Fast durchweg waren sie verbunden mit dem Hinweis, dass ausgerechnet eine für Bildung und Wissenschaft zuständige Ministerin so nicht im Amt zu halten sei. Sie tauge nicht mehr als Vorbild für Doktoranden, meinte etwa SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann.

Auch der Präsident des Deutschen Hochschulverbands, Bernhard Kempen, sprach sich für einen Rücktritt aus. Er könne sich nicht vorstellen, dass Schavan einfach so weitermachen könne. „Sie ist die Repräsentantin der deutschen Wissenschaft.“

Beobachter halten es für möglich, dass Schavan und Merkel den Gesprächstermin am Wochenende nur abwarten, um einen Rücktritt geordnet und in Würde vollziehen zu können. Intern konnte man in der Union die Meinung hören, dass es für Schavan besser sei, schnell Konsequenzen zu ziehen. „Dann steigen ihre Chancen für einen Neuanfang in einem anderen Amt nach der Wahl.“

Auch über mögliche Nachfolger für Schavan wurde am Mittwoch schon spekuliert. Als ein Favorit wurde der abgewählte niedersächsische Ministerpräsident David McAllister (42) gehandelt. Nach dpa-Informationen verlautete jedoch aus seinem Umfeld, er stehe nicht zur Verfügung.

Regierungssprecher Steffen Seibert jedenfalls hat seine Vertrauenserklärung, die er am Mittwoch in Merkels Namen für Schavan abgab, fast wortgleich schon einmal formuliert. Am 21. Februar 2011 für Karl-Theodor zu Guttenberg: „Die Bundeskanzlerin hat volles Vertrauen in ihren Minister. Sie unterstützt ihn in seiner schweren Arbeit. Diese Unterstützung gilt auch für die gesamte Bundesregierung“, sagte Seibert damals. Neun Tage später war zu Guttenberg weg.

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