Landtagswahl NRW 17 Koalitionsverhandlungen: Jetzt werden Politik-Karrieren gezimmert

Bei Koalitionsverhandlungen von CDU und FDP wird es auch ums Personal gehen. Dann stehen spannende Entscheidungen an.

Landtagswahl NRW 17: Koalitionsverhandlungen: Jetzt werden Politik-Karrieren gezimmert
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Düsseldorf. Schnell wird es kaum zugehen im Düsseldorfer Heiratsinstitut. Der Standesbeamte mag bereit stehen, aber erst müssen die Papiere gesammelt werden. Und vielleicht ist dann auch noch mal die ganz grundsätzliche Bereitschaft zu hinterfragen, bevor man eine mindestens fünf Jahre währende Verbindung eingeht: Das Ringen um eine Regierungskoalition in NRW könnte eine zähe Angelegenheit werden. Selbst wenn CDU und FDP, die bald mit einer dünnen Mehrheit von einer Stimme im Parlament regieren könnten, „natürliche Partner“ sind, wie uns der Düsseldorfer Politikwissenschaftler Ulrich von Alemann am Montag sagte.

Was die Gespräche forcieren könnte: Unter dem Strich bleibt gar keine andere Lösung. Aus den Reihen der NRW-SPD war am Sonntag zu erfahren, dass man keinerlei Gespräche mit der CDU für eine große Koalition aufnehmen werde. Es hat sich bei den Genossen die Erkenntnis durchgesetzt, als Juniorpartner im einstigen SPD-Stammland NRW über kurz oder lang in die Knie zu gehen. Opposition mag Mist sein, wie Franz Müntefering den Bundes-Genossen einst zurief. Aber sie ist auch Chance auf Gesundung. Eben ein echter Neuanfang.

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Am Ende der Tage wird man bei einer christlich-liberalen Koalition landen. Seit das Zahlenwerk eben das hergibt, wird munter spekuliert, wer in den kommenden fünf Jahren mit dem designierten Ministerpräsidenten Armin Laschet (55) eine passable Regierungsmannschaft bilden könnte.

Was da nicht alles gebraucht wird: ein Innenminister zum Beispiel. Ob die FDP, die bei wohl zwölf zu vergebenen Regierungsjobs vier Posten zugeteilt bekäme, darauf einen Anspruch erhält? Zuletzt war Ingo Wolf (FDP) von 2005 bis 2010 Innenminister, heute allerdings steht das Amt noch sehr viel mehr im Fokus als seinerzeit. Ralf Jäger (SPD) weiß davon ein Lied zu singen.

Ina Scharrenbach, Landesvorsitzende der Frauen-Union und im Silvester-Ausschuss Angriffsführerin der CDU, steht bei Laschet hoch im Kurs. Fraglich allerdings, ob er der 40-Jährigen ein Ministerium zutraut. In Frage käme auch Lutz Lienenkämper (47), der 2009 bis 2010 Minister für Bauen und Verkehr war und damit einer der wenigen in der Fraktion ist, der Minister-Erfahrung mitbringt. Auch Finanzen — in diesem Ressort wird auch der 47 Jahre alte Fraktions-Aufsteiger Marcus Optendrenk, finanzpolitischer Sprecher der CDU, hoch gehandelt — oder eben Verkehr traute man Lienenkämper zu. Auch CDU-Generalsekretär Bodo Löttgen (58), ein Polizist, wird für das Innenministerium genannt, soll aber auch als Fraktionschef in Stellung gebracht werden. In diesem Amt wird die CDU jemanden brauchen, der eine dünne Ein-Stimmen-Mehrheit konstant organisieren kann.

Klar ist aber auch: Bei CDU und FDP werden nur wenige Minister aus den Fraktionen stammen. „Da werden noch Namen auf uns zukommen, von denen man jetzt nichts ahnt“, sagt einer aus der Fraktion. Die Kölnerin Ursula Heinen-Esser (51), zuletzt Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, könnte einer dieser neuen Namen sein. Oder auch die 54 Jahre alte Elisabeth Winkelmeier-Becker (Rhein-Sieg-Kreis) aus dem Fraktionsvorstand der CDU/CSU-Bundestagsfraktion — mit ihrem Arbeitsschwerpunkt im Verbraucherschutz.

Aus Berlin könnte der erfahrene Gesundheitspolitiker Karl-Josef Laumann (60) in die Riege aufsteigen. „Ich bin nicht in Gefangenschaft, aber in Berlin auch nicht auf der Flucht und sehr glücklich hier. Als Minister bewirbt man sich nicht, dazu wird man berufen“, sagte Laumann uns am Sonntag. Ihm, heißt es, schwebt wohl ein großes Ministerium für Arbeit, Soziales und Gesundheit vor. Sollte Laumann (Wahlkreis Steinfurt II) zum Zug kommen, würde allerdings die Landwirtin Christina Schulze-Föcking (40, Wahlkreis Steinfurt I) aus Laschets Kompetenzteam „Heimat und ländlicher Raum“ für ein gleichnamiges Ministerium kaum in Frage kommen.

Womöglich wird es Laschet gelingen, das ungeliebte Schulministerium beim Koalitionspartner anzusiedeln. Dann, wenn der ehemalige FDP-Wissenschaftsminister Andreas Pinkwart (56) wieder in den Ring steigt und für ein Ministerium für Wissenschaft und Bildung zuständig sein könnte. Pinkwart ist seit 2011 Rektor der Leipzig Graduate School of Management. Weniger in Frage kommen derweil die CDU-Bildungsexperten Klaus Kaiser (60) und Petra Vogt (47).

Das FDP-Personal ist dünn, zumal es auch Talente wie NRW-Generalsekretär Johannes Vogel oder erfahrene Leute wie Otto Fricke und Alexander Graf Lambsdorff nach Berlin zieht. Ein möglicher Wirtschaftsminister in NRW könnte allerdings der Energiemanager Andreas Reichel (56) aus Bielefeld werden, der von 1994 bis 1996 Vize-Vorsitzender der FDP in NRW war und heute Vorstandsmitglied eines Versorgungsunternehmens ist. Lindners „Kronprinz“ wird wohl der bisherige Fraktionsvize Joachim Stamp (46).

Klar ist, dass Wolfgang Bosbach, der in einer Regierungskommission zur Inneren Sicherheit die Leitung übernehmen soll, kein Regierungsamt in NRW anstrebt. „Die Kommission ist nicht mit politischen Weihen verbunden“, sagte Bosbach am Sonntag. Einem künftigen Innenminister werde er daher auch nicht in die Quere kommen.

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