Landtagswahl NRW 2017 AfD zieht mit zerstrittener Mannschaft in den Landtag

Düsseldorf. Marcus Pretzell durfte am Sonntag selbst erst einmal nicht wählen: Im Wahllokal in Düsseldorf-Hamm fand man ihn nicht auf Anhieb im Wählerverzeichnis. Ein Anruf brachte Aufklärung: Neuzugezogene werden nicht alphabetisch, sondern am Ende des Wählerverzeichnisses aufgeführt.

 Der Spitzenkandidat der AfD für die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen, Marcus Pretzell, und seine Ehefrau, die AfD-Bundesvorsitzende Frauke Petry mussten erstmal warten, bevor er wählen durfte.

Der Spitzenkandidat der AfD für die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen, Marcus Pretzell, und seine Ehefrau, die AfD-Bundesvorsitzende Frauke Petry mussten erstmal warten, bevor er wählen durfte.

Foto: Marius Becker

Wo der mutmaßliche NRW-Fraktionsvorsitzende der AfD tatsächlich wohnt und nicht nur gemeldet ist, das war 7,7 Prozent der Wähler am Sonntag offenbar so gleichgültig wie vieles andere auch; Hauptsache, dagegen.

Ob Pretzell seine Anwaltszulassung freiwillig zurückgab oder von der Rechtsanwaltskammer Hamm faktisch dazu gezwungen wurde — egal. Wie es zusammenpasst, dass er in NRW angeblich einen „realpolitischen Kurs“ verfolgen will und gleichzeitig der Rechtsextremistin Marine Le Pen, seiner Fraktionsvorsitzenden im Europa-Parlament, die französische Präsidentschaft wünschte — egal.

Um die Kandidaten-Aufstellung derer, die jetzt Landtagsabgeordnete werden sollen, nichts als Hauen und Stechen, unverändert ist die AfD in NRW tief gespalten — egal. Vor Anhänger kündigte Pretzell am Sonntag an, man werde „ehrliche klare Opposition machen“ und „alles tun, um alles an Schweinereien aufzudecken, was diese Parteien verhackstücken“. Viel wahrscheinlicher ist, dass Landtagspräsidium und — Verwaltung künftig intensiv damit beschäftigt sein werden, Pretzell und seiner Truppe auf die Finger zu sehen.

Auf der Landesliste steht hinter ihm folgendes Personal bereit: Platz 2: Roger Beckamp, Ratsmitglied in Köln, vertrat seine Partei als Rechtsanwalt gegen die Stadt — klarer Verstoß gegen die Gemeindeordnung. Platz 3: Frank Neppe, Stadtrat in Iserlohn, früheres Mitglied der rechtspopulistischen Schill-Partei. Platz 4: Markus Wagner (Minden), bis 2006 Bundesvorsitzender der Schill-Partei.

Und so geht das weiter. Amateure, Höcke-Anhänger, Verschwörungstheoretiker. Innerparteiliche Gegner bezeichnen Pretzell laut „Stern“ als „Hochstaplerfigur“, „Hasardeur“ und als „unseriösen Menschen mit krankhaftem Drang zur Intrige und zum Schüren von Konflikten“. Nichts davon hat die Wähler interessiert — Hauptsache, dagegen.

Was von Marcus Pretzell tatsächlich zu erwarten ist, weiß niemand; vielleicht weiß er das noch nicht einmal selbst. Wie lange seine am Sonntag geäußerte Einsicht vorhält, die AfD habe sich in der Vergangenheit selbst nicht immer gut getan — man wird sehen. Konstruktives ist von der AfD-Fraktion nicht zu erwarten im Landtag. (tüc)

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