Wenig Grund zum Optimismus AfD vor NRW-Landtagswahl mit schwerem Stand

Köln (dpa/lnw) - Für die AfD in Nordrhein-Westfalen und ihren Vorsitzenden Marcus Pretzell ist es gut zwei Wochen vor der Landtagswahl nicht einfacher geworden.

Wenig Grund zum Optimismus: AfD vor NRW-Landtagswahl mit schwerem Stand
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Die Entmachtung seiner Ehefrau, Bundesparteichefin Frauke Petry, beim Kölner Parteitag ist auch ein Dämpfer für ihn, ihren engsten Berater, den AfD-Spitzenkandidaten in NRW.

In seinem Landesverband hat Pretzell ohnehin keinen leichten Stand. Seine Kür zur Nummer eins für den Wahlkampf war denkbar knapp. Glaubt man den Umfragen, nimmt die Zustimmung für die Landespartei ab: Bei acht bis zehn Prozent lag sie zuletzt, mit sinkender Tendenz.

Der NRW-AfD kommt mit gut 4500 Mitgliedern als größtem Landesverband der Rechtspopulisten eine wichtige Rolle zu - auch mit Blick auf die Bundestagswahl im September. Doch vor dem Votum an Rhein und Ruhr am 14. Mai hat sie wenig Grund zum Optimismus. „Die Partei der rechten Wutbürger könnte mit ihrem internen Streit ihren Abwärtstrend einleiten“, sagte der Extremismusforscher Alexander Häusler der Deutschen Presse-Agentur. „Man versucht, interne Konflikte zu kaschieren, stattdessen auf gemeinsame Feindbilder wie Muslime, Asylbewerber, Flüchtlinge zu setzen.“

Viele prominente Zugpferde kann die Landespartei in NRW bisher nicht aufbieten. Der Wahlkampfauftakt Anfang April in Essen lockte nur wenige hundert Bürger an. Eine für den 1. Mai geplante Großkundgebung in Düsseldorf hat die AfD-Arbeitnehmer-Vereinigung AVA kurzfristig abgesagt. Als Grund nennt sie die Demonstrationen in Köln am Wochenende gegen den Bundesparteitag und Angriffe auf Delegierte von „linksautonomen Demokratiegegnern“.

Neuen Schwung soll nun ein Wahlvideo bringen: „Lassen Sie sich nicht länger gängeln“, sagt Pretzell darin und wirbt für seine AfD als „einzige echte Familienpartei“. Als Ziele nennt er: „Heimatrecht, Sicherheit und eine Zukunft, die lebenswert ist.“ Und der zur AfD übergelaufene frühere SPD-Mann Guido Reil aus dem Ruhrgebiet behauptet im Spot: „Wir haben Milliarden für Migranten, aber für unsere eigenen Leute war nie Geld da.“

Um gezielt auch Stimmen aus der Arbeitnehmerschaft und den weniger Privilegierten zu gewinnen, ist Reil eine wichtige Figur. Auf Plakaten setzt er auf den Spruch „Vertritt die Interessen der kleinen Leute, statt sie zu verraten“. Bekannt außer Pretzell und Reil ist sonst allenfalls noch Co-Landesparteichef Martin Renner, der aber Pretzells Kontrahent ist und - ein Affront gegen Pretzell - auf Platz 1 für die Bundestagswahl gewählt worden war. Beim Kölner Parteitag kam von Renner auch Wirres - etwa die Warnung, dass Bürger zu „Systemsklaven“ gemacht werden sollten.

Pretzell ist dagegen um gemäßigte Wortwahl und bürgerlich-seriöses Auftreten bemüht. Gelernt haben dürfte er auch aus der Empörung, die seine Äußerung 2015 ausgelöst hatte, im Falle eines gewaltsamen Grenzübertritts sei Schusswaffengebrauch als „Ultima Ratio“ gerechtfertigt. Sein Verband habe sich auf einen realpolitischen Kurs festgelegt, betont er. Genau das wollte seine Frau Petry auch für die Bundespartei - und erlitt damit Schiffbruch. Ihr Parteitagsantrag, mit dem sie die AfD in Richtung Realo-Pfad führen und mittelfristig koalitionsfähig machen wollte, wurde gar nicht erst diskutiert.

Das Rennen im bevölkerungsreichsten Bundesland ist offen. NRW-Regierungschefin Hannelore Kraft (SPD) mahnte jüngst, in der AfD sammelten sich Hetzer, Spalter und Rassisten. Der CDU-Spitzenkandidat, Parteichef Armin Laschet, sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Die AfD will raus aus der EU, den Euro abschaffen, wieder Grenzen zu unseren Nachbarländern errichten. Und Herr Pretzell und Frau Petry suchen nicht konservative Partner in Europa, sondern rechtsradikale Partner, rechte Scharfmacher.“

Trotz abnehmender Zustimmung wird die AfD es in den Landtag wohl schaffen, jegliche Zusammenarbeit schließen alle anderen Parteien aber aus. Fraktionschef wird wahrscheinlich Pretzell - leicht haben wird er es aber sicher nicht. Mit dabei wären wohl Frank Neppe und Markus Wagner, die früher der rechtspopulistischen Schill-Partei angehörten. Außerdem der Bundeschef des stark rechtslastigen AfD-Nachwuchses Junge Alternative, Sven Tritschler. Rechtsanwalt Thomas Röckemann, der Pretzell bei der Spitzenkandidaten-Wahl nur knapp unterlegen war, kann sich ebenfalls Hoffnungen machen. Mit der Geschlossenheit dürfte sich eine AfD-Landtagsfraktion schwer tun.

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