Bildungspolitik Abkehr vom Turbo-Abi: So soll G9 in NRW funktionieren

NRW-Schulministerin Gebauer hat das G9-Gesetz vorgestellt. Keine weiteren Jahrgänge als die heutigen Dritt und Viertklässler werden einbezogen.

 Symbolbild.

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Foto: Armin Weigel

Düsseldorf. Die Rückkehr zum Abitur nach neun Jahren Gymnasium (G9) soll in Nordrhein-Westfalen im Schuljahr 2019/20 mit den heutigen Dritt- und Viertklässlern beginnen. Das sieht der Entwurf für ein neues Schulgesetz vor, den das Landeskabinett am Dienstag in Düsseldorf beschlossen hat. Vor den Sommerferien 2018 soll das Gesetz im Landtag verabschiedet werden. „Die Zeit drängt“, sagte Schulministerin Yvonne Gebauer am Dienstag. „Wir setzen jetzt um, was die Politik entschieden hat.“

Die Ausgestaltung soll einen langen Konflikt in NRW beenden, auf den CDU und FDP nun mit der „Leitentscheidung für G9“ reagieren: G9 wird zum Regelfall an Gymnasien. Nur wenn eine Schule bei G8 bleiben will und das per Beschluss der Schulkonferenz entscheidet (Eltern, Schüler und Lehrer brauchen dafür eine Zweidrittel-Mehrheit plus eine Stimme), greift die Leitentscheidung nicht. Den Schulträgern (Städte und Gemeinden) ist in dieser Frage ein Einspruchsrecht gestattet. Nur besondere Gründe würde es ihnen erlauben, die Entscheidung der Schulkonferenz zu überstimmen. Privaten Schulen steht die Entscheidung für G8 oder G9 frei.

Die Tendenz in NRW allerdings ist ziemlich deutlich: Über 90 Prozent der Schulen dürften sich künftig für G9 entscheiden, erwartet Gebauer. Bei einer inoffiziellen Umfrage im Regierungsbezirk Köln kündigten vor wenigen Tagen 120 von 150 Schulleitern eine Rückkehr zu G9 an, 20 Schulen waren in der Findungsphase, drei wollten bei G8 bleiben — der Rest waren Privatschulen. Das Schulministerium will eine solche Erhebung jetzt in allen Regierungsbezirken durchführen.

Da die Entscheidung an den Schulen rechtsverbindlich erst bis zum 31. Januar 2019 fallen muss, entsteht eine Lücke für die derzeitigen Viertklässler: Sie müssen bei ihrer Anmeldung auf die inoffizielle Entscheidung der künftig weiterführenden Schule vertrauen. Gebauer ermutigte die Schulen am Dienstag, eine solche Tendenz möglichst offen und frühzeitig zu kommunizieren.

Keine Hoffnung machte Gebauer der Initiative „G9 jetzt!“, zusätzliche Jahrgänge, die bereits jetzt am Gymnasium lernen, für ein künftiges G9 zuzulassen. Die Kommunen sollen vom Land finanziellen Ausgleich für ihre Mehrleistung als Schulträger erhalten, ein unparteiischer Gutachter soll über die Ausgestaltung dieser Leistungen befinden.

Das Schulministerium plant langfristig mit 2300 zusätzlichen Lehrerstellen. Der höhere Unterrichtsumfang soll der Stärkung der „ökonomischen Kompetenzen (unter anderem im Fach Politik/Wirtschaft), der MINT-Bildung sowie der ersten Fremdsprache dienen. Gebauer deutete auch an, dass die zweite Fremdsprache künftig erst in der siebten Klasse eingeführt werde.

Kritik kommt von Jochen Ott, dem schulpolitischen Sprecher der SPD Fraktion im Landtag. Ott will einen G9-Bildungsgang mit gleichberechtigten Angeboten der individuellen Förderung. Nur einheitlich ließen sich Unruhe und Schulkämpfe um die Schüler vermeiden. „Wir bieten der Landesregierung unsere konstruktive Mitarbeit an“, sagte Ott.

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